Outdoor-Mode muss vieles gleichzeitig können

- Renate Molitor
Outdoor-Mode muss vieles gleichzeitig können
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Einst trugen sie nur Abenteurer und Forschungsreisende: Outdoor-Bekleidung mit allerlei Funktionen. Doch mittlerweile sind die toughen Materialien nicht mehr den Extremurlaubern vorbehalten.

Die Outdoor-Szene ist im Alltag angekommen. «Der Casual-Bereich ist stark gewachsen», sagt Stefan Reisinger, Bereichsleiter Outdoor der Messe Friedrichshafen. "Es ist unheimlich trendig geworden."
So sind die bekannten Logos der Outdoor-Marken für den Einsatz unter erschwerten Bedingungen zu einem vertrauten Anblick in den Städten geworden. «Es wird ein relativ kleiner Teil des High End auch am Berg eingesetzt», so Reisinger. Er vergleicht diese Entwicklung mit Besitzern eines Porsche. "Die wenigsten gehen damit auf die Rennstrecke."

Das hängt auch damit zusammen, dass die Menschen ihre Freizeit nun zum Teil anders gestalten: Man bereitet sich nicht nur auf die Besteigung des Mont Blanc vor, die dann den Sommerurlaub ganz in Anspruch nehmen wird. Stattdessen fahren viele Menschen nur für ein Wochenende weg und wollen möglichst viele verschiedene Dinge machen - Kanu fahren, wandern, danach gemütlich im Biergarten sitzen. Neue Trends bei den Outdoor-Aktivitäten spielen in diese Entwicklung rein:
das Bouldern zum Beispiel - das Klettern ohne Seil.

Auch Jüngere in den Städten haben Bouldern für sich entdeckt. Daraus ergibt sich ein anderes Verständnis von Outdoor, sagt Mathias Basedow von der European Outdoor Group: Fürs Bouldern braucht man keine großen Schulungen. Man geht für einen halben Tag hin, danach zieht man mit den Freunden weiter. Bei der Bekleidung macht sich diese Entwicklung in Crossover-Produkten bemerkbar. Etwa in Hosen, die flexibel genug fürs Bouldern sind, danach aber auch beim Kneipenbesuch nicht aus dem Rahmen fallen.

Auch bei den Jacken findet sich das Crossover-Thema wieder. Für die vielen Aktivitäten am Wochenende möchte man eine Jacke mitnehmen, nicht fünf verschiedene, erklärt Trendexperte Ralf Stefan Beppler. Dafür werden die Materialien leichter. Einmal steht dabei eine dünne Isolation im Vordergrund - zum Beispiel über die hydrophobe Daune, die wasserfest behandelt ist, oder die Kunstfaser Primaloft. "Man lässt den dicken Fleecepulli dann zu Hause."
Bei den Entwicklungen im Material hat Trendexperte Beppler noch eine andere Neuheit ausgemacht - die Atmungsaktivität werde weiter verbessert. Statt Air Permeability heißt das neue Konzept
Breathability: Eine neue Generation der Membran mit anderer Struktur ist noch atmungsaktiver, weil sie noch luftdurchlässiger ist. Mit den verschiedenen Materialien wird verstärkt gespielt, sagt Beppler.
Hybrid ist Trend - Kunstfaser werden mit Daune gemischt, wasserdichte Textilien mit Soft Shell. "Man will verschiedene Funktionen kombinieren", erklärt Beppler.

Leichtigkeit, Atmungsaktivität - das ist nicht nur im Casual- oder Crossover-Outdoor wichtig, sondern vor allem im athletischen Outdoor. Denn trotz der Durchdringung des Alltags mit Outdoor-Bekleidung ist der Performance-Sektor nach wie vor die Speerspitze der Branche: Von hier gehen die Materialentwicklungen bis in den Casual-Bereich. "Die Outdoor-Branche ist die Formel 1 der Bekleidungsindustrie", fasst es Reisinger zusammen.
Doch nicht nur die Verbesserung der Leistung und die Vielfalt der Einsatzmöglichkeiten steht bei den neuesten Entwicklungen im Vordergrund, sondern auch Nachhaltigkeit: "Allgemein geht der Trend dazu, dass nachhaltige Materialien verwendet werden", sagt Basedow.
Bei Herstellung, Gebrauch und später Recycling versuche man, auf geringe Umweltbelastung zu achten. «Alle großen Hersteller sind jetzt in der Richtung unterwegs», sagt halten, sagt Reisinger.

Dazu gehört auch das Thema Rückverfolgbarkeit. So lässt sich nun teils bis zur Farm zurückverfolgen, woher die Merinofasern aus dem Kleidungsstück auf der Haut kommen, gibt Basedow ein Beispiel. Für Verbraucher ist die Nachhaltigkeit unter anderem an verschiedenen Siegeln erkennbar. "Unterschiedliche Anbieter setzten allerdings auf unterschiedliche Zertifizierungen", erklärt Reisinger.
 
Jenseits der Bekleidungsschiene macht vor allem eine Entwicklung im Outdoor von sich reden: Glamping. "Wir haben eine ganz klare Zunahme von Camping in Deutschland", sagt Beppler. Und das wird teils komfortabler: Die Matten sind dicker, statt eines rustikalen Expeditionskochers gibt es den größeren Gasgrill, und Zelte haben Stehhöhe, mehrere Kabinen und einen großzügigen Gemeinschaftsraum. Bei dieser Art von Outdoor geht es nicht darum, mit leichtem Gepäck unterwegs zu sein, sondern um Komfort.

Die Zeltmaße des Glampings passen zur Entwicklung, dass die Outdoor-Branche sich vermehrt an den Ansprüchen von Familien orientiert. «Es ist auch eine Familienaktivität geworden», sagt Basedow. Aber nicht nur: Glamping boomt unter anderem, weil die älteren Generationen mehr campen, sagt Beppler.

Die Grundidee, die hinter Outdoor-Aktivitäten steht, bleibt auch beim Glampen: Es ist ein bisschen einfacher, man kommt einmal heraus aus dem Alltag und der Stadt. Nur die Vorstellung von Entschleunigung passt nicht mehr zu 100 Prozent. Das liegt zum Teil daran, dass man dafür früher das Telefon zu Hause gelassen hätte. "Das Smartphone ist auch beim Outdoor nicht mehr wegzudenken", erklärt Beppler. Auch bei den wahren Abenteuerern geht der Trend nicht zur
Entschleunigung: fast forward, bezeichnet Beppler, was die Szene prägt. Wenn man alle Berge schon einmal bestiegen hat, was motiviert einen dann noch? Der Anreiz, den Berg eben schneller zu besteigen als je zuvor, gibt Beppler ein Beispiel. Da setzt ein anderer Trend ein:
Außer beim Glamping muss die Ausrüstung heute vor allem leicht sein.


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