Über 40 Grad: Nein, das ist kein normales Sommerwetter!

- Quelle: Johanna Lindner mit dpa-Material
Hitze-Schmiede in Südwesteuropa: Was kommt noch auf uns zu?
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In Deutschland steigen die Temperaturen in dieser Woche wohl auf über 40 Grad. Einige behaupten, das wäre normales Sommerwetter. Deswegen stimmt das so nicht:

Die Temperaturen steigen in dieser Woche im Westen Deutschlands auf über 40 Grad Grad. Und der Sommer hatte vor allem im Süden Deutschlands schon einige sehr heiße Tage in petto. Am 19. Juni, also vor dem kalendarischen Sommerbeginn, wurden bereits 39,2 Grad in Dresden-Strehlen und in Cottbus gemessen. Heißere Werte wurden in diesen Orten im Juni vorher noch nie gemessen. 

Temperaturrekorde in Südeuropa

Schauen wir nach Südeuropa, sind auch hier im Sommer 2022 schon viele Temperaturrekorde aufgestellt worden. Schon im Juni wurden in Spanien 47 Grad erreicht. Im Juli hält sich nun eine zweite Hitzewelle hartnäckig im Südwesten Europas – vor allem in Spanien und Portugal. Temperaturen von um die 40 bis 45 Grad hielten sich gleich mehrere Tage hintereinander. 

Alles zur aktuellen Hitze kannst du auch in unserem Hitze-Ticker nachlesen. 

Dazu kommt die langanhaltende Trockenheit. In Südeuropa wird deswegen schon Wasser rationiert. Italien erlebt die schlimmste Dürre seit 20 Jahren, Kroatien beschränkt den Wasserkonsum und auch die restlichen südeuropäischen Länder leiden unter der Dürre. Unzählige Waldbrände konnten sich unter diesen Bedingungen ausbreiten. Anwohner:innen und Reisende mussten teilweise vor den Flammen fliehen. 

Dürre und Waldbrandgefahr in Deutschland 

Auch in Deutschland wirkt sich der geringe Niederschlag aus. Der Boden ist viel zu trocken und die Waldbrandgefahr ist in weiten Teilen des Landes auf der höchsten oder zweithöchsten Warnstufe. 

Und trotzdem schreiben uns jeden Tag Menschen über verschiedene soziale Netzwerke, die Lage sei doch nicht ungewöhnlich. In der Jugend einer Kommentierenden sei es auch jeden Sommer so heiß gewesen, 40 Grad seien doch ganz normal für den Sommer. "Es ist eben Sommer". Doch ist der Sommer 2022 in Europa einfach ein Sommer, wie es ihn schon vor 50 Jahren gab, oder zeigt sich hier der Klimawandel und die damit einhergehende Erderwärmung ganz deutlich? 

Hohe Temperaturen mit bis zu 40 Grad Celsius seien nichts Besonderes hierzulande? Falsch! 

Betrachten wir zunächst den Juni 2022 in Deutschland. Die durchschnittliche Temperatur lag mit 18,4 Grad 3,0 Grad über dem Wert der international gültigen Referenzperiode 1961 bis 1990. Aber auch im Vergleich zur aktuellen und wärmeren Periode von 1991 bis 2020 betrug die Abweichung immer noch 2,0 Grad. Dieser Juni war der sechstwärmste seit Messbeginn. 

Der Deutsche Wetterdienst (DWD) definiert als heißen Tag, wenn die Lufttemperatur mehr als 30 Grad Celsius erreicht. Für einen Sommertag muss es nicht so heiß sein - hier sind in der Spitze 25 Grad nötig. Ein Beispiel: In Frankfurt am Main etwa waren es zwischen 1981 und 2010 im Schnitt 52 Sommertage und 13 heiße Tage im Jahr.

Heiße Sommer gab es schon früher, doch es werden immer mehr!

Richtig ist, dass hohe Temperaturen an einzelnen Tagen bereits vor Jahrzehnten gemessen wurden. So gab es unter anderem in Bremen 36 Grad im August 1943, in Köln-Stammheim 37,9 Grad im Juni 1947 und in Potsdam 38,4 Grad im Juli 1959. Diese Messungen widerlegen jedoch nicht die Erderwärmung.

Betrachtet man die Temperaturen über einen längeren Zeitraum, zeigt sich der Klimawandel deutlich: Nach Angaben des DWD ist die Lufttemperatur im Jahresdurchschnitt in Deutschland zwischen 1881 und 2021 um 1,6 Grad gestiegen. Die fünf wärmsten Jahre traten in Deutschland demnach alle nach dem Jahr 2000 auf.

Klimawandel ist eine langfristige Veränderung der Temperaturen 

Die Vereinten Nationen (UN) bezeichnen den Klimawandel als langfristige Veränderungen der Temperaturen und Wettermuster, die seit dem 19. Jahrhundert "hauptsächlich auf menschliche Tätigkeiten zurückzuführen" seien. Diese sind nach UN-Angaben vor allem die Verbrennung fossiler Brennstoffe wie Kohle, Erdöl und Erdgas.

Temperaturtrend geht nach oben 

In der Grafik sind die Jahresmitteltemperaturen von Messbeginn im Jahr 1881 bis 2021 aufgeführt. Hier ist zu sehen, dass es zwar auch früher schon ein paar Ausreißer und zu warme Jahre gab, dass die Zahl der zu warmen Jahre aber deutlich zugenommen hat. Zu warme Jahre sind eben keine einzelnen Ausreißer mehr, sondern ein deutlicher Temperaturtrend nach oben. 

 

Sommer werden heißer 

Unter den zehn "wärmsten Sommern der Messgeschichte" finden sich sechs in diesem Jahrtausend und acht nach 1992. Den Spitzenplatz belegt der Sommer 2003 mit einer Durchschnittstemperatur von 19,7 Grad, gefolgt von 2018 (19,3 Grad) und 2019 (19,2 Grad).

Auch die Anzahl der heißen Tage hat sich nach DWD-Angaben deutlich erhöht: In Frankfurt am Main war es zwischen 1961 und 1990 an 8,7 Tagen pro Jahr wärmer als 30 Grad, im Zeitraum von 1990 bis 2019 gab es mit 16,3 Hitzetagen fast doppelt so viele pro Jahr. In der Region Berlin/Brandenburg steigerte sich die Anzahl heißer Tage von 6,5 (1961 bis 1990) auf 11,5 (1990 bis 2019) pro Jahr.

Und es wird wohl noch heißer. Berechnungen des DWD haben jüngst ergeben: In Deutschland soll es in den kommenden Jahren im Jahresschnitt bis zu ein Grad wärmer werden als in den vergangenen drei Jahrzehnten.

Doch wieso denken viele, das Wetter wird nicht extremer?

All diese Daten und Fakten werden der subjektiven Wahrnehmung der Menschen aber nicht ganz entsprechen. Eine Studie aus dem Jahr 2019, die in der Fachzeitschrift "Proceedings of the National Academy of Sciences" veröffentlicht wurde, hat sich die Wahrnehmung von Wetter genauer angeschaut. 

In dieser werteten die Forschenden über 2 Millionen Twitterposts zum Wetter aus und stellten fest: Menschen haben ein sehr kurzes Gedächtnis, wenn es um das Wetter geht. Das heißere Wetter wird schnell als normal wahrgenommen. So fällt uns teilweise gar nicht auf, wie viel heißer es im Schnitt geworden ist. Wir haben uns schlicht schnell daran gewöhnt und nehmen im Vergleich zu den heißeren Temperaturen "normale" Werte als zu kalt wahr.  

Hitze wird gefährlich 

Doch die extreme Hitze wird uns auch dann treffen, wenn wir sie nicht wahrhaben wollen. Denn Hitze wird irgendwann auch für unseren Körper gefährlich.

 

So starben beispielsweise in Spanien mit rund 47 Millionen Einwohner:innen seit vergangenem Sonntag 360 Menschen infolge der hohen Temperaturen, wie die Zeitung "La Vanguardia" am Samstag (16.07.2022) unter Berufung auf das staatliche Gesundheitsinstitut Carlos III. in Madrid berichtete. 

Dieser Sommer ist alles andere als normal! Und zukünfitige Sommer könnten noch heißer werden, wenn wir den Klimawandel nicht stoppen oder zumindest eindämmen. 

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