Eisgigant A23a zerbricht: Einst größter Eisberg der Welt wohl bald verschwunden
Jahrzehntelang blieb der Eisberg A23a etwa viermal so groß wie Berlin - und damit der größte Eisberg der Erde. Nun schmilzt er im Turbogang.
A23a war mit ursprünglich rund 4000 Quadratkilometern Fläche weit größer als das Saarland - und sogar über viereinhalbmal so groß wie Berlin. Jahrzehntelang war der Eisberg festgefroren im antarktischen Meer, ehe er sich auf den Weg machte. Nun, knapp 40 Jahre nach seiner Entstehung, steht er vor dem endgültigen Zerfall.
Eisberg ist von 4000 auf 1700 Quadratkilometer geschrumpft
Das Polarforschungsinstitut British Antarctiv Survey behält den Eisriesen seit Jahren im Blick - und teilte am 2. September auf der Online-Plattform Bluesky mit: "Eisberg A23a befindet sich nördlich von Südgeorgien und hat sich übers Wochenende in mehrere große Teile aufgespalten."
"Der Eisberg bricht rapide auseinander und verliert riesige Brocken, die selbst als große Eisberge bezeichnet werden", ergänzt Andrew Meijers, Eisberg-Experte bei der britischen Organisation, im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur - man zähle bereits bis A23f (Stand 28. August). Mit dem bevorstehenden Frühling auf der Südhalbkugel werde der Eisberg wohl bald schon in zu kleine Teile zerfallen, um noch weiter verfolgt werden zu können.
Der Ursprungskoloss A23a sei auf 1700 Quadratkilometer geschrumpft. "Er hat die 'Größter Eisberg'-Krone an D15A verloren, der mit rund 3000 Quadratkilometern etwa doppelt so groß ist", erzählt Meijers über einen Eisberg in der Nähe einer australischen Forschungsstation.
A23a noch zweitgrößter Eisberg der Welt
A23a sei "zwar immer noch der zweitgrößte Eisberg, aber ich gehe davon aus, dass sich dies in den kommenden Wochen rasch ändern wird", so der Meereisforscher. "Ich gehe davon aus, dass sich seine Zersplitterung beschleunigen wird - seit seiner Wanderung nördlich des Weddellmeeres Anfang 2024 schmilzt er immer schneller und befindet sich in Gewässern, deren Temperatur deutlich über dem Gefrierpunkt liegt."
Mutmaßlich werde A23a wie zuletzt weiter gegen den Uhrzeigersinn einer Strömung rund um die Insel Südgeorgien im Südatlantik folgen und von dieser Richtung Nordosten getrieben. "A23a folgt dem Schicksal anderer Megaberge", erklärt Meijers und nennt Eisberge mit ähnlich kryptischen Namen, die sich in den vergangenen Jahren auch bei Südgeorgien aufgelöst haben.
Bereits 1986 vom antarktischen Festland abgebrochen
Der Eisberg A23a war 1986 vom antarktischen Festland - dem Filchner-Ronne-Schelfeis - abgebrochen, hing aber noch jahrzehntelang am Meeresboden fest. Nachdem er sich im Jahr 2000 löste, blieb er lange in zirkulierenden Meeresströmungen gefangen.
Daniela Jansen, Glaziologin am Alfred-Wegener-Institut Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung, erläutert: "Das Besondere an A23a ist, dass er so alt ist. Er hat sich kurz nach der Kalbung 1986 wieder auf Grund festgesetzt, in kaltem und ruhigen Wasser, und hat deshalb so lange durchgehalten."
Der Ozeanograf Meijers erzählte nach einer Expedition im Jahr 2023: "Er sieht aus wie eine hohe Wand, die aus dem Meer ragt und sich von Horizont zu Horizont erstreckt. Einige Teile sind durch Wellen und Schmelzwasser ziemlich zerfressen und unterspült."
Der Anfang vom Ende im März 2025
Im März dieses Jahres war der Eisberg den Beobachtern zufolge nördlich der Antarktis auf Grund gelaufen. Bereits da hatten Experten angenommen, dass dies der Anfang vom Ende sein könnte. Polarforscher nahmen Proben, die noch analysiert werden. Geraint Tarling, ebenfalls von British Antarctic Survey, geht davon aus, dass der Zufluss an kaltem Wasser durch das Abschmelzen des Eisbergs enorme Auswirkungen auf Organismen im Meeresboden der Gegend haben könnte. Dies sei wichtig zu verstehen, gerade wenn solche Ereignisse mit dem Klimawandel zunähmen.
Ist der Vorgang denn eine Folge der Erderwärmung - oder ganz normal? Das Kalben von Eisbergen sei in der Antarktis ein natürlicher Prozess, erklärt Glaziologin Jansen. Normalerweise kalbten die Eisberge von Gletschern, die ins Meer fließen, oder von Schelfeisen - also schwimmenden Eisplatten.
"Eine Erwärmung des Ozeans und der Atmosphäre kann dazu führen, dass Schelfeise instabil werden und komplett zerfallen", so Jansen. Dies habe man an der Antarktischen Halbinsel Ende der Neunziger beziehungsweise Anfang der 2000er Jahre beobachten können. "Das kann dann zu erhöhtem Abfluss von Eis vom Land ins Meer führen, was relevant für den Meeresspielgel ist. Wenn ein schwimmender Eisberg schmilzt, ändert das den Meeresspiegel nicht."
Schmelze mit meterhohen Folgen
Von der British Antarctiv Survey heißt es, Megaberge wie A23a seien zu selten, um systematische Veränderungen abzubilden. "Wir wissen aber, dass Eisschelfe durch die verstärkte Bildung von Eisbergen seit 1997 rund sechs Billionen Tonnen Eis unwiderruflich verloren haben - und eine ähnliche Menge durch verstärktes Abschmelzen im gleichen Zeitraum", erklärt Meijers. Dafür seien wohl Veränderungen in der Ozeanzirkulation verantwortlich sowie wärmeres Wasser, das an das Schelfeis gelange.
Meijers betont, das Schmelzen dieser Gletscher - maßgeblich in der Antarktis - werde definitiv zu einem Meeresspiegelanstieg von zwei Metern führen. Der Zeitpunkt hänge jedoch davon ab, wie viel Treibhausgase die Menschheit noch ausstoße.
Darüber, was das Schmelzen für den Meeresspiegelanstieg bedeuten wird, besteht noch große Unsicherheit, wie Meijers sagt: "Die ungewisse Physik der Schelfeise und mögliche Rückkopplungen des Ozeans bedeuten, dass ein Anstieg des Meeresspiegels um mehr als 15 Meter in den kommenden Jahrhunderten aufgrund des Abschmelzens der Antarktis nicht ausgeschlossen werden kann."
Weitere Empfehlungen der Redaktion zum Thema: Klimawandel
- Antarktis am Kipppunkt: Forscher warnen vor Meeresspiegelanstieg und Aussterben der Kaiserpinguine
- Gigantische Eismassen weg! Spitzbergens Gletscher leiden im Sommer 2024 historisch
- Weltwetterbehörde warnt: Klimawandel-Folgen teils nicht mehr umkehrbar