Massage für den Augapfel

- Ronald Porschke
Massage für den Augapfel
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Während sich Bilder meterhoher Tulpen, Grashalme und Bäume in atemberaubend satten Farben auftürmen, relativiert sich das Körpergefühl. "Augapfelmassage" - der Titel der Ausstellung in der Kunsthalle Mannheim ist Programm.

Das Haus präsentiert ab Sonntag die bisher größte Werkschau der Schweizer Künstlerin Pipilotti Rist in Deutschland. Bis zum 24. Juni 2012 sind auf mehr als 1.000 Quadratmetern 30 Videoarbeiten, Skulpturen und raumgreifende Installationen aus mehr als 25 Schaffensjahren der 1962 geborenen Künstlerin zu sehen. "Ich will, dass die Leute lächeln, wenn sie meine Arbeiten sehen, das Spiel mit Größenordnungen erkennen", sagte Pipilotti Rist am Freitag in Mannheim.

Rauschhafte Installationen machten Rist berühmt

Die Leiterin der Mannheimer Kunsthalle, Ulrike Lorenz, sprach mit Blick auf die große Werkschau von einer "extrem großen Freude und Ehre". Kein Wunder: Pipilotti Rist zählt weltweit zu den bekanntesten zeitgenössischen Videokünstlerinnen. Seit den 1980er Jahren hat sie mit Videoprojektionen und Installationen auf sich aufmerksam gemacht, deren teilweise rauschhafte und farbintensive Bilder sich mit der menschlichen Innenwahrnehmung auseinandersetzen. "Der menschliche Körper und unsere Wahrnehmung ihm gegenüber ist ein zentraler Aspekt meiner Arbeit", sagte die Schweizerin.

Das zeigt sich beispielsweise am Kronleuchter "Massachusetts Chandelier" aus dem Jahr 2010, der ausschließlich aus gebrauchter Unterwäsche besteht. Unterhosen hüllten den kompliziertesten Teil des Körpers ein, meinte Rist. Geburt, Sex und das Ausscheiden nicht benötigter Stoffe - all dies seien zentrale Aspekte des Unterleibs.

Gängige Rollenmuster auf den Prüfstand gestellt

Mit ihren humorvollen und subversiven Arbeiten unterläuft die Künstlerin gesellschaftliche Tabus und stellt gängige Denk- und Rollenmuster auf den Prüfstand. Dass sie sich bei ihrer Arbeit vor allem von weiblichen Körpern inspirieren lässt, ist für sie kein Ausdruck von Feminismus. "Die Körper stehen für den Menschen allgemein", betont Pipilotti Rist. Ein Highlight ist die eigens für die Ausstellung geschaffene Arbeit "Administrating Eternity" von 2011, eine überwältigende visuelle Landschaft, in der Videobilder den Orientierungssinn der Besucher außer Kraft setzen.

Ein weiteres Beispiel für Rists Vorliebe, Skurriles mit Reflexion zu verbinden, ist eine Installation über eine Mini-Vorortsiedlung. In Filmen, die auf die Wände von Bungalows projiziert werden, kann der Betrachter einen Blick auf das konventionelle Leben der Mittelschicht werfen.

Der Blick in das Innere der Welt das eigentliche Thema der Schweizerin, sagte Kuratorin Stephanie Müller. "Die Welt von außen zu betrachten, führt nicht zum Verstehen. Wir müssen hineinkriechen", fügte Pipilotti Rist hinzu.
 
(Bild: dapd)
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