Druck wächst: Debatte über weitere Corona-Lockerungen

- Quelle: dpa
Laut einer chinesischen Studie könnten vermeintlich Covid-19-Genesene weiter ansteckend sein.
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In der Coronakrise wollen Thüringen und Sachsen Schluss machen mit allzu strengen Verboten und Regeln und planen umfangreiche Lockerungen. Es hagelt zum Teil scharfe Reaktionen. Das plant der Bund.

Nach fast drei Monaten Coronakrise wollen Thüringen und Sachsen im Umgang mit der Pandemie eine neue Richtung einschlagen und setzen damit auch die anderen Bundesländer unter Handlungsdruck.

Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow hatte schon am Wochenende ein Ende von landesweiten Corona-Schutzvorschriften ab dem 6. Juni ins Gespräch gebracht. Sachsen zog am Montag nach: Statt wie bisher generell Beschränkungen zu erlassen, solle ab 6. Juni generell alles wieder freigegeben werden und nur noch das Wenige an Ausnahmen benannt werden, was noch nicht möglich sein werde, erklärte Gesundheitsministerin Petra Köpping (SPD) in Dresden. 

Die Bundesregierung reagierte skeptisch. Aus anderen Bundesländern und von Experten kam Kritik. 

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Was hat es mit dem 6. Juni auf sich?

In den Ländern laufen befristete Corona-Schutzverordnungen aus. Es müssen Anschlussregelungen gefunden werden. Das Datum geht auch zurück auf die letzte Schaltkonferenz von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) mit den Ministerpräsidenten der Bundesländer am 6. Mai. Dort war zwar schon vereinbart worden, dass die Länder, so wie im föderalen System sowieso vorgesehen, ihre eigenen Regeln treffen können.

Allerdings hatten sich Bund und Länder auch darauf verständigt, noch mindestens bis zur Woche nach Pfingsten - bis zum 5. Juni - strenge Kontaktbeschränkungen aufrechtzuerhalten: Draußen unterwegs nur mit Personen aus dem eigenen oder einem zweiten Haushalt. Sachsen-Anhalt hatte diese Regel schon aufgeweicht und eine eigene 5er-Regel eingeführt. 

Fällt nun in Sachsen und Thüringen die Maskenpflicht?

Davon ist nicht die Rede. Aus Sachsen hieß es, ob und wann die Pflicht zur Mund-Nasen-Bedeckung und zum Abstandhalten aufgehoben wird, sollte bundesweit gemeinsam entschieden werden. Auch Thüringens Ministerpräsident Ramelow kündigte am Montag in Interviews an, dass er an der Maskenpflicht festhalten wolle.

Zum grundsätzlichen weiteren Vorgehen hatte der Linken-Politiker am Wochenende aber gesagt, es gehe jetzt um das Motto: "Von Ver- zu Geboten, von staatlichem Zwang hin zu selbstverantwortetem Maßhalten". Die landesweiten Regeln sollen nach seiner Ansicht wegfallen, an ihre Stelle können lokale Anordnungen der Gesundheitsämter treten - falls nötig. Über Details soll am Dienstag das Kabinett in Erfurt beraten. 

So reagiert die Bundesregierung

Skeptisch: Kanzlerin Angela Merkel (CDU) ist weiter für "verbindliche Anordnungen" was Abstand, Kontaktbeschränkungen und Hygieneregeln in der Corona-Krise betrifft. Sie halte es für falsch, dabei nur auf Gebote zu setzen, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag. "Es darf in keinem Fall der Eindruck entstehen, die Pandemie wäre schon vorbei", sagte Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) der "Bild"-Zeitung. 

Im Hintergrund beriet Kanzleramtschef Helge Braun (CDU) am Montag mit den Chefs der Staatskanzleien der Länder über das weitere Vorgehen - zunächst ohne abschließendes Ergebnis. Die Bundesregierung setzte sich zunächst dafür ein, dass Kontaktbeschränkungen bis 5. Juli weiter aufrechterhalten werden, allerdings sollen private Treffen drinnen und draußen mit bis zu zehn Personen möglich sein, wie aus einer Beschlussvorlage für das Gespräch hervorging. In einer späteren Version des Papiers war dann nur noch vom 29. Juni die Rede.

So reagieren andere Bundesländer

Scharfe Töne kamen aus Bayern: Ministerpräsident Markus Söder (CSU) bezeichnete die Ankündigung aus Thüringen als "fatales Signal" und kündigte im Zweifel Gegenmaßnahmen an. "Wir werden uns da noch ein Konzept überlegen müssen, wie wir darauf reagieren", sagte er. "Ich möchte nicht, dass Bayern noch mal infiziert wird durch eine unvorsichtige Politik, die in Thüringen gemacht wird." 

Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) sagte, sie halte es für falsch, Kontaktbeschränkungen und Hygiene-Regeln einseitig aufzukündigen. Die niedersächsische Gesundheitsministerin Carola Reimann (SPD) bezeichnete das Vorgehen Thüringens als "schwerwiegenden Fehler" und ein "vollkommen falsches Signal". Dass die Corona-Epidemie derzeit unter Kontrolle sei, sei nachweislich den Beschränkungen zu verdanken, sagte sie.

Das sagen Experten und Virologen

"Das ist ein Bevölkerungsexperiment, von dem wir nicht wissen, wie es ausgeht", mahnte der Arzt und Gesundheitsversorgungsforscher Max Geraedts von der Universität Marburg. Durch Reisen und Besuche würde die Krankheit auch wieder in Landkreise gebracht, die aktuell keine Infektionen mehr registrieren. "Die Menschen in Thüringen leben nicht alleine". Ohne die Corona-Beschränkungen und Hygieneregeln seien die Menschen dort nicht mehr vor dem Virus geschützt.

"Das ist nicht vertretbar." Die Virologin Melanie Brinkmann vom Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung in Braunschweig sagte, die Lage sei nicht viel anders als im Februar, es gebe weiter keine Entwarnung. "Ich bin mir nicht sicher, ob die Eigenverantwortung der Menschen ausreichen wird." Eugen Brysch, Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, warnte: "Alles freizugeben, ist falsch. Für die Menschen in der Hochrisikogruppe lebensgefährlich".

Lockerungen der Corona-Maßnahmen: Das schlägt der Bund vor

Nach dem Willen des Bundes sollen die Corona-Regeln ab dem 6. Juni leicht gelockert werden. So sollen sich etwa wieder zehn Personen draußen treffen dürfen. Das steht in einer Vorlage des Bundes für Gespräche mit den Ländern, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Befristet werden sollen die Beschränkungen bis zum 29. Juni.

Das schlägt der Bund vor:

  • Private Treffen: Maximal zehn Menschen oder Angehörige zweier Haushalte sollen sich in der Öffentlichkeit oder zu Hause treffen dürfen. Hygiene- und Abstandsregeln seien weiter zu beachten. Sind die Räume zu Hause zu klein, sollten sich nur so viele Personen versammeln, dass die Schutzregeln eingehalten werden können. Der Raum sollte ausreichend gelüftet werden. Wegen des deutlich geringeren Infektionsrisikos sollte man sich aber nach Möglichkeit im Freien verabreden. In jedem Fall müsse nachvollziehbar sein, wer bei einem Treffen dabei war. Der Personenkreis, mit dem man Kontakt hat, sollte möglichst klein und konstant gehalten werden. Veranstaltungen und Versammlungen mit eigenem Hygienekonzept seien separat zu betrachten, gleiches gelte für Kitas und Schulen.
  • Verschärfungen möglich: Wo es die Infektionszahlen erfordern, sollten weitergehende Kontaktbeschränkungen erlassen werden.
  • Mindestabstand: In der Öffentlichkeit sollte weiterhin der Mindestabstand von eineinhalb Metern eingehalten werden. Auch die Pflicht zum Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes sollte in bestimmten öffentlichen Bereichen weiter gelten.

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