Droht ein Flugchaos im Sommer?

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Droht ein Flugchaos im Sommer?
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Droht wegen Personalmangel der Sommerurlaub ins Wasser zu fallen?

Flüge werden gestrichen, es kommt zu Abfertigungsproblemen an den Flughäfen, usw.: Droht ein chaotischer Flugsommer? Und welche Rechte haben Urlauber:innen bei Flugärger? Wir haben den Überblick.

Gestrichene Flüge und lange Warteschlangen an Check-in und Sicherheitskontrollen: Für viele Briten begannen die Frühjahrsferien Anfang Juni mit einer Menge Flughafenfrust. Der Grund dafür: Viele Airlines haben seit der Pandemie akuten Personalmangel.

Reiselust trifft auf Personalmangel

Und nach zwei Jahren ohne Urlaub wollen viele Menschen nun wieder reisen. Doch die Luftfahrtbranche kann dieser sprunghaft gestiegenen Nachfrage kaum gerecht werden - es fehlen Mitarbeiter, die sich in der Pandemie andere Jobs gesucht haben oder suchen mussten.

Das Ergebnis: Flüge werden gestrichen. Lufthansa und Eurowings haben für Juli jeweils schon hunderte Flüge storniert. Der Chef der Flugsicherungsgewerkschaft warnte kürzlich vor einem nie dagewesenen Chaos in diesem Sommer an deutschen Flughäfen und forderte die Politik zum Handeln auf.

Was kommt auf Sommerurlauber:innen zu?

"Wir rechnen damit, dass diese Situation über den gesamten Sommer bis in den Herbst anhalten wird, da es praktisch schwierig bis unmöglich ist, in allen betroffenen Bereichen kurzfristig das benötige Personal aufzubauen", sagt Karolina Wojtal vom Europäischen Verbraucherzentrum Deutschland.

Was kann ich vor Abflug tun?

Es empfiehlt sich, immer informiert zu bleiben, wie es um den Status deines Fluges bestellt ist.
Und oft unterschätzt, dabei ganz wichtig: rechtzeitig am Airport sein.

"Generell sollten sich Reisende aktuell noch früher am Flughafen einfinden als sonst - mindestens zweieinhalb bis drei Stunden vor Abflug", empfiehlt die Leiterin für Sicherheits- und Krisenmanagement beim Reiseveranstalter DER Touristik, Melanie Gerhardt. Wenn möglich, checkt man sich vorab online ein. Das spart viel Zeit am Schalter. Und wer kann, verzichtet bei Kurzreisen auf Aufgabegepäck.

Wer in Flughafennähe wohnt, kann vielleicht einen Vorabend-Check-in machen und dabei auch schon seine Koffer aufgeben. Nach dem Check-In sollte man dann sofort zur Sicherheitskontrolle gehen.

Wann und wie kann meine Airline meinen Flug stornieren?

Grundsätzlich immer - je nach dem Zeitpunkt haben Reisende dann aber Anspruch auf Erstattungen und gegebenenfalls Schadenersatz. Dafür gibt es die EU-Fluggastrechteverordnung. Sie ist für alle Flüge anwendbar, die innerhalb der Europäischen Union starten. Für Flüge, die in der EU landen, gilt sie nur dann, wenn die Airline ihren Sitz in einem der EU-Mitgliedsstaaten hat.

Ist mein Sommerurlaub in Gefahr?

Der Deutsche Reiseverband (DRV), der Veranstalter und Reisebüros vertritt, gibt zumindest etwas Entwarnung. "Dass gut gebuchte Strecken zu den Pauschalreise-Zielen rund ums Mittelmeer oder zu ferneren Zielen in größerem Umfang gestrichen werden, ist eher unwahrscheinlich. Das gilt insbesondere für Flüge, die von den Reiseveranstaltern lange im Vorfeld eingekauft worden sind".

Veranstalter:innen und Reisebüros sind in engem Austausch mit den Fluggesellschaften, um die Auswirkungen von möglichen Flugstreichungen so gering wie möglich zu halten.

Gibt es damit Last Minute überhaupt noch?

Dass sich der Personalengpass bei Airlines und Airports auf das Angebot von Last-Minute-Reisen auswirkt, damit rechnet der DRV nicht. "Es gibt weiter eine große Zahl an buchbaren Reisen für den Sommer".

Werden Flüge dadurch jetzt noch teurer?

Laut einer in dieser Woche veröffentlichten Auswertung der Flugsuchmaschine Skyscanner können Reisende mit Flexibilität Geld sparen. So seien Flugreisen in die Türkei in der letzten Augustwoche im Schnitt etwa 36 Prozent günstiger als Mitte Juli - die Ersparnis für eine vierköpfige Familie liege hier im Schnitt bei 428 Euro.

Auch mit den Abflugtagen kann man Geld sparen, wenn man es sich entsprechend einrichten kann. So sei es laut Skyscanner oft ratsam, innerhalb der Woche zu fliegen.

Darf mich die Airline umbuchen oder bekomme ich mein Geld zurück?

Laut Fluggastrechteverordnung haben Reisende in so einem Fall ein Wahlrecht zwischen der vollständigen Erstattung des Ticketpreises und einer Umbuchung durch die Airline. "Sie haben also Anspruch auf eine Umbuchung", so Verbraucherschützerin Wojtal. "Nur in der Praxis klappt das nicht immer".

Kommt die Flugstreichung mit einigen Tagen Vorlauf, sollten Urlauber:innen prüfen, was für sie günstiger ist. Womöglich können sie noch günstigere Flüge buchen, weil die Preise manchmal kurz vor Abflug noch mal sinken - das spreche für eine Erstattung. Auf die Umbuchung pochen sollte man indes, wenn die rausgesuchten Alternativflüge deutlich teurer sind als der gestrichene Flug.

In der Regel bucht allerdings die Airline den Fluggast um, so Wojtal. Ansonsten sollte man sich auf jeden Fall das Einverständnis für die eigenständige Alternativbuchung von der Airline holen, damit es bei der Erstattung keine Probleme gibt.

Und was ist mit dem Hotel oder der Ferienwohnung, wenn der Flug ausfällt?

Das muss man trotzdem bezahlen. Nur wenn die Geschäftsbedingungen (AGB) des Ferienhaus- oder Hotelbetreibers eine Stornierung vorsehen, kann man sein Geld zurückverlangen, erklärt Wojtal. Sonst bleibt nur das Hoffen auf Kulanz.

Was gilt bei Pauschalreisen im Fall einer Flugstornierung?

Hier ist der Veranstalter zuständig. Er muss für eine Ersatzbeförderung sorgen, stellt die Verbraucherzentrale Hamburg klar. Und der Reisepreis dürfe sich durch die neue Flugverbindung nicht erhöhen, auch wenn der Veranstalter aufgrund der Streichung kurzfristig teurere Flüge einkaufen müsse.

Bei einem annullierten Flug im Rahmen einer Pauschalreise kommen laut Verbraucherschützerin Wojtal Ansprüche gegenüber dem Reiseveranstalter in Betracht - auf Minderung des Reisepreises oder sogar Schadenersatz wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit.

Steht mir im Fall einer Stornierung als Individualreisender auch eine Ausgleichszahlung zu?

Womöglich ja. Entscheidend ist der Zeitpunkt. Erfolgt die Storno-Info von der Airline weniger als 14 Tage vor Abflug, hat man neben dem beschriebenen Wahlrecht zwischen Erstattung und Umbuchung gegebenenfalls noch Anspruch auf eine Ausgleichszahlung in Höhe von bis zu 600 Euro - abhängig vom konkreten Einzelfall.

Wichtig ist dabei jedoch: Wann wurde man genau informiert? Wurde ein Ersatzflug angeboten und wenn ja, wie viel später sollte dieser starten beziehungsweise landen? Wie lang ist die Flugstrecke?

Gut zu wissen: Muss man aufgrund einer kurzfristigen Stornierung am Flughafen auf seinen Alternativflug warten, besteht Anspruch auf Betreuungsleistungen. Je nach Länge der Wartezeit sind das Wojtal zufolge etwa Verpflegung oder auch Hotelunterbringung.

Wer hilft einem bei Verschiebungen und verpassten Flügen, sein Recht einzufordern?

Sich selbst durch die Fluggastrechteverordnung wühlen und dann mit den Airlines in Kontakt treten - vor diesem Aufwand scheuen viele zurück. Hilfreich kann an der Stelle zum Beispiel die Flugärger-App der Verbraucherzentrale NRW sein. Mit der kostenlosen, für iOS und Android verfügbaren Anwendung können Reisende ihre Ansprüche prüfen und eine Mail an die Airline formulieren.

Einen Entschädigungsrechner gibt es auch beim Autofahrer-Club ADAC. Damit könne man seine Rechte kostenfrei prüfen und dann entscheiden, ob und wie man tätig werden möchte, so der ADAC. So können Nutzer:innen im Anschluss einen Musterbrief erstellen, die Schlichtungsstelle für öffentlichen Personenverkehr (SÖP) einschalten, oder Vertragsanwälte des Clubs oder das Fluggastrechte-Portal Myflightright beauftragen, mit dem der ADAC zusammenarbeitet.

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