Coronavirus: Wieso sind die Sterberaten so unterschiedlich? 

- Sabrina Fuchs

Weltweit steigen die Fallzahlen der Corona-Infizierten täglich. Immer mehr Tote sind zu beklagen. Dabei fällt jedoch auf, dass die Sterberaten der Nationen sehr unterschiedlich sind. Aber wieso?

In Deutschland sind mittlerweile über 40.000 Menschen mit dem Coronavirus infiziert, die Zahlen steigen alle paar Stunden. Über 200 Menschen sind an dem Virus gestorben. In Italien hingegen sind über 80.000 Menschen infiziert und über 8.000 Opfer zu beklagen. Das allein zeigt schon wie unterschiedlich die Sterberaten sind. Doch woran liegt das?

Unterschiedliche Sterberaten der Nationen

Um aufzuzeigen, wie sich die Sterberaten aktuell verhalten, haben wir uns an den Zahlen der Johns Hopkins Universität orientiert und folgende Tabelle erstellt: 

Land Zahl der Infizierten Zahl der Todesfälle Sterberate in %
Deutschland 47.278 281 0,59 %
Italien 80.589 8.215 10,2 %
USA 85.996 1.300 1,5 %
Spanien 64.059 4.858 7,6 %
China 81.897 3.296 4 %
Frankreich 29.581 1.696 5,7 %
Österreich 7.269 58 0,79 %
Iran 32.332 2.378 7,35 %
Großbritannien 11.816 578 4,9 %

Datenquelle: Johns Hopkins Universität Stand: 27.03.2020, 12 Uhr

Da die Situation sehr dynamisch ist und es stündlich neue Zahlen gibt, kann die Tabelle nicht kontinuierlich aktualisiert werden. Die Daten können sich also auch ändern und bilden keinen finalen Stand, sondern lediglich eine Momentaufnahme ab.

Unterschiedlich hohe Dunkelziffern

Die Sterberaten der einzelnen Nationen zu vergleichen ist unter anderem deshalb so schwierig, weil es extrem hohe Dunkelziffern gibt, das heißt viele Fälle werden nicht erfasst.

Aufgrund von unterschiedlichen Testkriterien und -ressourcen sind diese Dunkelziffern je nach Nation auch noch unterschiedlich, weshalb ein Ländervergleich der Statistiken nicht allzu viel Aussagekraft hat.

Zudem ist auch entscheidend, wie lange der Coronavirus-Ausbruch in einem Land schon anhält. In Italien begann er beispielsweise früher als in Deutschland. Trotz allem gibt es einige Faktoren, die einen Einfluss auf den Verlauf einer Covid-19-Erkrankung haben können. Sie werden in der Wissenschaft gerade stark diskutiert.

Unterschiedliche Testkriterien der Länder

Prof. Drosten von der Charité sagte am Donnerstag in Berlin, dass in Deutschland weit mehr getestet werde als in anderen Ländern. So erklärte er die niedrigere Sterberate in Deutschland im Vergleich zu anderen Nationen. Pro Woche könnten bis zu 500.000 Tests in Deutschland durchgeführt werden. Wird das Virus schneller entdeckt, können Menschen natürlich auch schneller behandelt werden, was einen tödlichen Ausgang der Krankheit weniger wahrscheinlich macht.

Gleichzeitig würden so aber auch mehr Menschen in die Statistik aufgenommen, die nur milde Symptome haben, das drücke wiederum die Sterberate. Auch in anderen Ländern wird eine extrem hohe Dunkelziffer vermutet, also Fälle, die einfach nicht entdeckt werden. In Deutschland dürfte diese Zahl niedriger sein als in etlichen anderen Ländern.

Durch den von Bosch entwickelten Schnelltest können ab April hoffentlich noch mehr Menschen getestet werden. Alles dazu kannst du im Artikel nachlesen: 

Ergebnis binnen 2,5 Stunden! Corona-Schnelltest in Deutschland entwickelt

In Italien mehr Senioren infiziert

Wie die Zeit berichtet, gibt es in Italien mehr ältere Infizierte als in Deutschland. Mehr als ein Drittel sei schon über 70 Jahre alt. Lothar Wieler, Präsident vom Robert-Koch-Institut (RKI), sagte, der Großteil der infizierten Deutschen sei unter 60. Auch dies hänge mit den vielen Tests zusammen, die in Deutschland durchgeführt werden.

Leichte Fälle werden in Italien kaum mehr registriert, da die Experten mit den schweren Fällen so viel zu tun haben. Dies schrieben Forscher aus Rom vor wenigen Tagen in der Fachzeitschrift "Jama". Die Zeit hält es zudem für möglich, dass sich im Skiurlaub in einem der Risikogebiete vor allem jüngere Deutsche angesteckt hätten.

Ausbau des Gesundheitssystems entscheidend?

Auch die Kapazitäten der Gesundheitssysteme der Nationen können ein Einflussfaktor auf die Sterberate sein. In Deutschland gibt es laut Zeit etwa 28.000 Intensivbetten mit Beatmungsmöglichkeit. In Italien dagegen sind es lediglich 5.000. Aus diesem Grund müssen Ärzte dort bereits entscheiden, welchen Fall sie behandeln und welchen nicht. In Deutschland haben wir zunächst einmal also bessere Voraussetzungen, um eine hohe Zahl an schwer Erkrankten zu behandeln.

Aktuell beginnt sich das Coronavirus auch in ärmeren Ländern, beispielsweise in Afrika, auszubreiten. Besonders hier könnte der Ausbau des Gesundheitssystems ein entscheidender Faktor werden, wenn es um die Sterblichkeit geht.

Mehr Hotspots in Italien

Wie die Zeit weiter berichtet, habe es besonders in Italien Hotspots mit an Covid-19 Erkrankten gegeben. Allein in Bergamo habe es zu einem Zeitpunkt der Veröffentlichung eines Berichtes mehr als 4.000 Coronoa-Infizierte gegeben. In Deutschland gebe es keine Stadt, in der so viele Patienten zur gleichen Zeit behandelt werden müssten. Patienten mit schweren Krankheitsverläufen bekämen hierzulande also immer die Behandlung, die sie benötigen. Auch diese Überastung könnte also die vergleichsweise hohe Sterberate in Italien erklären.

Welchen Einfluss haben Rauchen und Luftverschmutzung auf die Sterberate?

Wie die Süddeutsche schreibt, wird auch der Einfluss von Rauchen auf den Krankheitsverlauf der Covid-19-Patienten diskutiert. Die geschädigten Lungen von Rauchern könnten demnach einen schweren Krankheitsverlauf begünstigen. Da mehr Männer rauchen als Frauen, könne dies auch erklären, wieso bisher mehr Männer an den Folgen des Coronavirus gestorben sind. Allerdings zeige der Nationenvergleich zwischen Deutschland und Italien, dass die Raucherquoten in beiden Ländern in etwa gleich hoch sind. Dies könne also keine Ursache für unterschiedlich hohe Sterberaten in den Ländern sein.

Als weiterer Einflussfaktor werde laut Süddeutsche die Luftverschmutzung diskutiert. Speziell in Norditalien, wo sich das Coronavirus extrem schnell ausgebreitet hat, sei die Feinstaubkonzentration besonders hoch. Die kleinen Teilchen können demnach chronische Lungenkrankheiten verschlimmern, sodass Betroffene eine Lungenentzündung schwerer bekämpfen könnten.

Deutschland steht erst am Anfang der Epidemie

Trotzdem kann sich die Situation auch in Deutschland noch deutlich verschärfen. Experten warnen gerade jetzt, wo von manchen bereits über eine Lockerung der Corona-Maßnahmen gesprochen wird, davor, die Situation auf die leichte Schulter zu nehmen. Die Sterberate werde ihnen zufolge auch in Deutschland noch ansteigen. 

RKI-Präsident Lothar Wieler konnte während einer Pressekonferenz am Donnerstag also noch keine Entwarnung geben. Im Gegenteil: Er hat verdeutlicht, dass Deutschland erst am Anfang der Epidemie steht und der Kampf gegen das Coronavirus erst begonnen hat.  

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