Besucherdruck auf Ostsee-Nationalparks wächst
25 Jahre nach der Nationalpark-Gründung im Osten Deutschlands hat Umweltminister Till Backhaus (SPD) die Einrichtung der zwei Ostsee-Nationalparks in Mecklenburg-Vorpommern und des Biosphärenreservats Südost-Rügen als Erfolgsgeschichte gewürdigt. Backhaus kündigte an, dass das Land bis 2017 komplett aus der Waldbewirtschaftung in den landesweit drei Nationalparks aussteigen werde. Bislang erfülle nur der Nationalpark Jasmund die Vorgaben der Internationalen Naturschutzorganisation IUCN, denen zufolge 75 Prozent der Nationalparkfläche frei von menschlicher Nutzung sein müssen.
Auf einer Tagung, die die Geschichte der Ostsee-Nationalparks würdigte, verwies Backhaus auf die Beschäftigungseffekte durch die Großschutzgebiete. «Wir haben mit den Nationalparks mehr Beschäftigte, als es auf den Werften gibt.» Allein in den Nationalparks Vorpommersche Boddenlandschaft und Jasmund lebten rein rechnerisch rund 6000 Menschen direkt und indirekt vom Nationalpark.
Studien zeigten, dass der Nationalparkstatus für 31,5 Prozent der Befragten in der Boddenlandschaft und für 27,5 Prozent der Befragten im Nationalpark Jasmund ein wichtiger Grund für ihre Reiseentscheidung ist. Die Regionen selbst werden den Untersuchungen des Würzburger Lehrstuhls für Geografie und Regionalentwicklung von 4,8 Millionen Besuchern (Vorpommersche Boddenlandschaft) und 690 000 (Jasmund) frequentiert.
Nach Angaben von Gernot Haffner, Leiter des Nationalparkamtes Vorpommersche Boddenlandschaft, wird der Besucherdruck immer größer. Die Besucherzahlen stünden zum einen für die enormen sozioökonomischen Effekte und sorgten für Akzeptanz in der Bevölkerung. Sie zeigten aber auch, wie groß der Druck ist, die Gebiete mit dem bestehenden Personal zu erhalten. Haffner berichtete von Parkplatzverstößen, von Quadfahrern in Kernzonen, von Wanderern, die das Wegegebot missachteten. Aktuell sind in der Vorpommerschen Boddenlandschaft und im Nationalpark Jasmund 39 Ranger beschäftigt. Die Zahl soll sich auf 32 verringern. «Die Arbeit ist mit dem künftigen Personalbestand nur zu schaffen, wenn alle Mitarbeiter hoch qualifiziert sind.»
Hans-Dieter Knapp, Mitinitiator des Nationalparkprogramms vor 25 Jahren, fand auch kritische Töne. Die Anfangsidee eines großen Naturparkes Rügen sei gescheitert. Defizite sieht er im seiner Ansicht nach mangelhaften Wildmanagement. Zudem dürfe der Personalbestand in den Nationalparks nicht weiter reduziert werden. Er plädierte für einen weitgehenden Nutzungsverzicht in den Nationalparks. Es gebe eine «Absurdität der Rechtslage», wenn auf der einen Seite Besucher keine Blümchen pflücken dürften, tiefe Fahrspuren zugleich von einer immer noch bestehenden Bewirtschaftung der Nationalparke zeugten.
Dagegen fordern Vertreter von betroffenen Gemeinden mehr Mitsprache. «Man muss die Bürger bei Entscheidungen mitnehmen», sagte der Ummanzer Bürgermeister Holger Kliewe. Wenn durch den Nationalpark zunehmend Nutzungsrechte eingeschränkt werden, führe das zu Konflikten mit Landwirten oder Fischern. Den Verzicht auf die Waldbewirtschaftung hält er für problematisch.
Der Nationalpark Vorpommersche Boddenlandschaft mit einer Größe von 786 Quadratkilometer umfasst Landflächen Vorpommerns im Bereich der Halbinsel Darß-Zingst. Große Areale nehmen zudem Wasserflächen ein: Dazu zählen die Außenbodden vor der westrügenschen Küste sowie Teile der Barther Boddenkette als Binnenbodden und mehr als 400 Quadratkilometer Ostseefläche bis zur 10-Meter-Tiefenlinie.
Der Nationalpark Jasmund auf Rügen umfasst den von Buchenwäldern bedeckten Kreidehorst der Halbinsel Jasmund, die Kreidesteilküste sowie einen 500 Meter breiten Ostseestreifen. Mit 3000 Hektar ist er der kleinste Nationalpark Deutschlands.