So sind Unwetterwarnungen zu verstehen

- Redaktion
Unwetterwarnung: Ab wann wird wie und wovor gewarnt?
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Gewitter sind gefährlich! Deshalb muss vor extremen Wetterereignissen gewarnt werden. Doch wie werden Unwetterwarnungen richtig interpretiert?

"Warum gab es an meinem Ort kein Gewitter, obwohl davor gewarnt wurde?" Meteorologen, Wetterdienste und Unwetterexperten hören vor allem im Frühjahr und in den Sommermonaten immer wieder unberechtigte Kritik. 

Gewitter und Unwetter sind die Königsdisziplin der Meteorologie, denn Gewitterprognosen sind enorm schwierig. Doch warum sind die Vorhersagen in diesem Bereich nur so ungenau möglich? 

Butterfly Effect - Wetter ist das reinste Chaos

Machen wir zunächst einen kurzen Schwenk in die Tierwelt. "Ein Schmetterling kann mit seinem Flügelschlag hier auf der anderen Seite der Welt einen Sturm auslösen." Dieses Phänomen ist unter dem Namen "Butterfly Effect" bekannt. Den Butterfly Effect gibt es auch bei der Wetterprognose.  

Mittels der heutigen Technik ist die Wettervorhersage ziemlich genau geworden. Somit lassen sich Temperaturen, Wind und Bedeckungsgrad viel genauer vorhersagen als früher. Doch warum scheint das Wetter in der Smartphone-App immer wieder so ungenau zu sein? Genau hier kommt das Chaosprinzip zum Zuge.

Lokale Ereignisse beeinflussen die Wetterprognose 

In moderierten Wetterberichten (TV und Website) von Wetterexperten/innen werden mehrere Wettermodelle zu Rate gezogen und örtliche Gegebenheiten genauso wie jahrelange und vielseitige Erfahrungswerte berücksichtigt, um eine bessere Vorhersage erzielen zu können. Apps dagegen bekommen "nur" reine Daten, die durch verschiedene Prozesse immer mehr verbessert werden. Diese reinen Modelldaten verändern sich mit jeder neuen Berechnung des Modells.

So reichen beispielsweise ein größerer, aber lokaler Brand oder etwas Saharastaub, um die Sonne länger am Scheinen zu hindern. Dadurch gelangt nicht so viel Energie in unser Wettersystem wie die Wettermodelldaten vorhergesehen hatten und schon fehlt eventuell die Möglichkeit für eine Gewitterbildung. Das ist natürlich ziemlich heruntergebrochen, soll aber symbolisieren, welche Kleinigkeiten "stören" können, da z.B. ein Brand nicht vorherzusagen ist und Saharastaub nur begrenzt in den Modellberechnungen einbezogen wird.

Gewitter und starke Regenfälle schwer vorhersagbar

"Gibt es auch bei mir heute Gewitter?" Diese Fragen bekommen Wetterfrösche immer wieder zu hören. Wetter ist schließlich emotional und eins der häufigsten Smalltalk-Themen. 

Viele verlassen sich ja auch sehr gern auf die Meteorologen, die morgens erklärt, ob man das Haus nur mit einem Regenschirm verlassen sollte oder ob kurze oder lange Kleidung nötig ist.

Doch Gewitter und starke Regenfälle lassen sich nur bei bestimmten Wetterlagen relativ genau vorhersagen. Wie zum Beispiel, wenn uns eine Warmfront oder eine Kaltfront überquert. Letztere lässt besonders im Sommer häufig Gewitterlinien entstehen, die dann recht gut in Zugrichtung, Geschwindigkeit und zumindest grob auch in Sachen Intensität vorherzusagen sind. Doch diese Form von Gewittern sind eher selten, meistens haben wir es mit lokalen Wolkentürmen zu tun, die sich dann sehr kurzfristig z.B. an örtlichen Gegebenheiten wie Bergen zu starken Gewittern weiterentwickeln. 

"Man ist wie durch einen Regenvorhang gefahren." Diese Aussage hat man immer wieder mal aus Erzählungen gehört. Doch genau das zeigt eben, wie lokal diese Starkregenfälle bei Gewittern sein können. Während also der eine Ort trocken bleibt und man vom Südbalkon blauen Himmel sieht, kann der Nachbarort in Richtung Norden quasi schon von einem heftigen Gewitterschauer überflutet worden sein.

Örtlich sehr begrenzter Niederschlag (Quelle: Steven Garcia)

 

Gewitterzelle sehr lokal auf Radar (Quelle: wetter.com)

"Es gibt eine Unwetterwarnung für meinen Ort, aber es kommt nichts!"

Wenn wir jetzt noch berücksichtigen, dass in unterschiedlichen Höhen unterschiedliche Windrichtungen und Geschwindigkeiten herrschen oder ein Gewitter beispielsweise nicht in einer trockenen Luftschicht weiterleben kann bzw. sich durch einen See deutlich verstärken kann, sieht man, wie unendlich komplex eine Prognose ist. 

Diese komplexe Gewittervorhersage auf jede der ca. 12.000 Gemeinden in Deutschland zu projizieren, würde nicht nur die personellen Kapazitäten einer jeder Firma sprengen, sie würde auch eine Treffsicherheit vortäuschen, die durch die oben genannten Faktoren nicht zu erreichen ist. 

Gewitterbildung vergleichbar mit kochendem Wassertopf 

Ein kleiner Selbstversuch zeigt, wie schwer allein schon vorherzusagen ist, wo und wann die erste Gewitterzelle eines Tages entsteht: Die Atmosphäre verhält sich in vielerlei Beziehungen ähnlich wie Wasser. Eine aufgeheizte und feuchte Atmosphäre ist dementsprechend wie ein Topf voller Wasser auf der Herdplatte. 

Nun die Fragestellung: Wann steigt wo die erste Luftblase des kochenden Wassers empor? Ohne jemandem zu nahe treten zu wollen: Man wird scheitern! Aber genau das gleiche passiert in unserer Atmosphäre. Daher wird immer nur von Unwetterpotential und Wahrscheinlichkeiten in bestimmten Regionen gesprochen. 

 

Experimentgedanke: Wo kommt die erste Luftblase? (Quelle: Steven Garcia/Shutterstock)

Daher warnen Wetterdienste die Regionen und Landkreise, in denen die Zutaten für starke Gewitter stimmen. Dieser Prozess erfolgt also, sobald ein Meteorologe anhand von verschiedenen Wettermodellen sieht, dass in der Region XY Unmengen von Energie durch hohe Temperaturen und viel Feuchtigkeit vorhanden ist und zusätzlich die Luftschichten labil sind. Dann nämlich sind die Voraussetzungen für starke Gewitter optimal. In diesem Falle gibt es eine Vorwarnung vor Gewittern.

So werden Warnungen richtig interpretiert

Eine Vorwarnung bedeutet nichts anderes als: "Hey, da könnte sich eine gefährliche Wetterlage entwickeln und wir behalten die Sache für Dich im Blick!". Ein normaler Mensch muss sich aufgrund der Vorwarnung eigentlich nicht groß in seinem Alltag einschränken. 

Dann kommt der Tag, für den die Vorwarnung ausgesprochen wurde. Die Zutaten stimmen, sodass eine Unwetterlage wirklich wahrscheinlich scheint. Nun werden betroffene Gebiete mit einer zeitlichen Warnung versehen. 

Dann ist es soweit, die ersten Quellwolken türmen sich bedrohlich hoch auf. Unter Berücksichtigung der möglichen Zugrichtung wird in diesem Gebiet die Warnstufe erhöht. Wenn sich das Gewitter dann bildet und in den Unwetterbereich verstärkt, wird auch die Warnstufe entsprechend angehoben. Da das Warnsystem aber nur auf Landkreise und nicht auf Orte aufgebaut ist, gilt eine Unwetterwarnung für alle Orte in diesem Landkreis - egal ob sie letztendlich betroffen sind oder nicht. Ohnehin muss berücksichtigt werden, dass das Gewitter auch die Richtung wechseln und sich verstärken oder abschwächen kann. 

 

Unterschiedliche Stufen während einer dynamischen Gewitterlage (Quelle: wetter.com)

Richtiges Verhalten bei Gewittern oder Tornados

Doch der wichtigste und emotionalste Punkt hier ist, Wetterwarnungen als solche zu verstehen! Eine Wetterwarnung bedeutet nicht: "Oh Gott, rettet Euch - sonst werdet Ihr sterben!", sondern ganz einfach: "Hey, aktuell ist die Möglichkeit für Wettergefahren bei Dir hoch bis sehr hoch und Du solltest heute einmal mehr den Himmel beobachten als sonst bzw. aufmerksam unterwegs sein." Daher ist es wichtig zu wissen, wie man sich bei den Gefahren zu verhalten hat, wenn sie dann eintreffen.

Richtiges Verhalten bei Tornados
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Doch da Gewitter und Unwetter eben sehr lokal sind, ist die Wahrscheinlichkeit, von einer Gefahr direkt betroffen zu sein, relativ gering - selbst wenn im Landkreis irgendwo anders gerade die Welt untergeht.

Dieses Phänomen lässt sich übrigens in den sozialen Medien sehr schön beobachten. Während die einen z.B. im Münchner Süden Bilder von Hagelkörnern posten, fragen sich die anderen im Nordosten, ob die Sonnencreme nach dem Bad in der Isar noch hält.

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