Millionen in Gefahr: So wird sich unsere Welt in Zukunft verändern

- Sabrina Fuchs - Quelle: dpa/wetter.com
Kipppunkte spielen beim Klimawandel eine bedeutende Rolle.
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Bereits jetzt spüren wir die Auswirkungen des Klimawandels. Doch worauf müssen wir uns in Zukunft gefasst machen? Verschiedene Modelle berechnen, was uns voraussichtlich alles erwarten wird.

Klimawissenschaftler und Forscher vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) berichten schon länger davon, dass die Erde sich langfristig um vier bis fünf Grad Celsius erwärmen wird. Der Meeresspiegel könnte infolgedessen um zehn bis 60 Meter ansteigen. Diese Dinge halten die Experten übrigens auch dann für möglich, wenn das beim Pariser Klimaabkommen beschlossene 2-Grad-Ziel noch erreicht werden würde.

Die Frage ist: Wie wird sich unser Leben in Zukunft verändern und worauf müssen wir uns einstellen? Forscher gehen diesen Fragen schon längere Zeit nach. Sie entwickeln Klimamodelle, um zu untersuchen, wie sich bestimmte Ereignisse auf die Erde auswirken könnten. So lässt sich zumindest grob abschätzen, welche Folgen die Erderwärmung für unseren Planeten mit sich bringt.

Kein Weg zurück: Die kritischsten Kipppunkte

Laut dem PIK sind Kippelemente oder Kipppunkte die Achillesfersen im Erdsystem. Das Institut vergleicht sie mit Organen des menschlichen Körpers: "Diese verändern ihre gewohnte Funktionsweise oder stellen sie gar ein, sobald bestimmte Voraussetzungen, wie zum Beispiel Sauerstoffzufuhr, nicht mehr in ausreichendem Maß erfüllt sind". Werden solche Kipppunkte überschritten, werden globale Entwicklungen in Gang gesetzt, die wir nicht mehr rückgängig machen oder aufhalten können. Das Klimasystem kippt dann, daher der Name.

Die folgende Grafik des PIK zeigt die kritischen Kipppunkte der Erde, unterteilt in die drei Bereiche Ökosysteme, Eiskörper und Strömungssysteme:

Die wichtigsten Kippelemente der Erde. Quelle: PIK; Die Karte der Kippelemente ist lizenziert unter einer Creative Commons BY-ND 3.0 DE Lizenz.

Auftauen von Permafrostböden und Schmelzen von Eisflächen

Das Auftauen der Permafrostböden ist deshalb so problematisch, da es dabei zur Freisetzung einer enormen Menge CO2 und Methan kommt. Das führt wiederum zu einer weiteren Erwärmung des Planeten. Laut dem Helmholtz-Zentrum steckt allein im oberen Bereich der Permafrostböden fast doppelt so viel CO2 wie es aktuell in der Erdatmosphäre gibt, nämlich bis zu 1.500 Milliarden Tonnen. In unserer Atmosphäre befinden sich derzeit 800 Milliarden Tonnen CO2. Neben vielen langfristigen Folgen hätte das Auftauen der Permafrostböden auch unmittelbare Folgen für die Regionen.

Ganze Gemeinden müssten umgesiedelt werden, da das Auftauen für statische Probleme sorgt. Schon jetzt neigen sich Gebäude in Jakutsk in Sibirien um mehrere Zentimeter und bekommen so gefährliche Schlagseite. Ursache dafür sind tauende Permafrostböden.

Bei allen auftauenden oder schmelzenden Eiskörpern besteht folgende Problematik: Unter dem hellen Eis kommt fast immer ein dunkler Untergrund zum Vorschein. Die freigelegten dunklen Oberflächen nehmen mehr Sonnenwärme auf, da die Sonnenstrahlen weniger reflektiert werden. Das beschleunigt wiederum den Schmelzprozess. Es handelt sich also um einen selbstverstärkenden Prozess. Gleichzeitig steigt duch das Schmelzwasser der Meeresspiegel weiter an. Folgende riesige Eiskörper auf der Erde zählen deshalb zu Kippelementen: Arktisches Meereis, Gletscher und Eispanzer in Grönland, Westantarktisches Eisschild, Ostantarktis.

Ökosysteme

Wenn sich das Klima zu schnell verändert, können sich Pflanzen- und Tierarten oftmals nicht anpassen. Nicht alle Arten können sich eine Ausweichmöglichkeit suchen, da viele an spezifische Lebensbedingungen angepasst sind. Der Mensch, der Pflanzen- und Tierarten sowieso schon viel Lebensraum nimmt, macht die Sache dabei nicht besser. Zu solchen Kipppunkten zählt beispielsweise der Amazonas Regenwald, der unter steigenden Temperaturen, sowie unter Abholzung und Bränden leidet. Wie das Amazonasgebiet und das Klima zusammenhängen, erklären wir dir in diesem Video: 

Weitere Ökosysteme, die als Kipppunkte eingeschätzt werden, sind die nordischen Boreal- beziehungsweise Nadelwälder sowie Korallenriffe, die schon durch geringe Temperaturschwankungen und die Versauerung des Meerwassers beschädigt werden. Fest steht bereits: Auch wenn die 2-Grad-Grenze eingehalten wird, wird der Großteil der Korallenriffe absterben.

Strömungssysteme: Jetstream, El Nino, Monsun

In der Geschichte unseres Planeten gab es mehrmals Phasen des Umbruchs in Bezug auf die Luft- und Meeresströmungen, die unser Wetter bestimmen. In Zukunft haben wir es mit gravierenden Veränderungen der Strömungssysteme zu tun, was unter anderem dazu führt, dass unser Wetter extremer wird.

Dazu gehört die Störung des El Nino-Phänomens, welches durch den Klimawandel wohl häufiger und weitaus ausgeprägter auftreten wird. Die Folge können beispielsweise Dürren in Australien und Südostasien sowie verstärkte Niederschläge an der Westküste Amerikas sein. Auch die Monsundynamik kann sich wandeln.

Ebenfalls betroffen ist der Jetstream, der sich in etwa sieben bis zwölf Kilometer Höhe befindet. Er bestimmt unser Wetter maßgeblich, da er für die Entstehung von Hoch- und Tiefdruckgebieten verantwortlich ist. Diese Luftmassenbewegung verlangsamt sich durch den Klimawandel und kann sogar zum Stillstand kommen.

Infolgedessen kann es passieren, dass sich Hoch- und Tiefdruckgebiete über mehrere Wochen nicht mehr vom Fleck bewegen. Dadurch verändern sich Wetterlagen über einen langen Zeitraum kaum. So können extreme Hitze- aber auch Kältewellen sowie Überflutungen und Dürren entstehen. Ein Beispiel dafür war der Sommer 2018 in Deutschland.

Wenn die Entwicklung weitergeht wie bisher: Veränderungen in Deutschland

Selbstverständlich kann niemand ganz genau vorhersagen, wie sich unsere Welt verändern wird, wenn die Temperaturen weiter steigen wie bisher. Doch sicher ist, dass sich unser Wetter und unsere Natur verändern werden. 

Einige Folgen sind bereits Realität geworden. Welche das sind, erfährst du in diesem Artikel: Klimawandel: Diese Folgen sind bereits Realität

Laut Klaus Grosfeld und Peter Braesicke vom Forschungsverbund Regionale Klimaveränderungen (REKLIM) werden die Auswirkungen der globalen Erderwärmung in Deutschland deutlich zu spüren sein, selbst wenn wir das 2- oder 1,5-Grad-Ziel noch erreichen sollten. 

So wird sich das Wetter verändern

Heiße und trockene Sommer werden häufiger auftreten. Je nach Region werden die Veränderungen innerhalb Deutschlands unterschiedlich sein: In Mittel- und Ostdeutschland ist es im Sommer ohnehin schon eher trocken. Dies wird sich weiter verschärfen. In Süddeutschland wird es öfter heftigen Hagel geben und an den Küsten mehr Hochwasser.

Laut einem Klimaszenario aus dem Buch Klimawandel in Deutschland wird es in Süddeutschland im Jahr 2100 bis zu 30 Hitzewellen mehr pro Jahr geben. In Norddeutschland sollen es fünf sein.

Auch die Niederschläge sollen sich ändern. Vor allem im Frühling und Herbst müssen wir demnach mit mehr Starkniederschlägen, aber auch erhöhten Windgeschwindigkeiten rechnen. Mehr Stürme und Überschwemmungen wären die unmittelbare Folge.

Generell wird erwartet, dass besonders heftige Extreme im Vergleich zu heute künftig sehr viel öfter auftreten. 

So wird sich die Natur verändern

Auch die Alpen sind vom Klimawandel betroffen: Die Gletscher in den Gebirgen von Mitteleuropa und anderen Regionen werden bis 2100 ohne stärkeren Klimaschutz im Schnitt 80 Prozent ihrer Eismasse verlieren.

Aktuell droht beispielsweise der Mont-Blanc einzustürzen.

Die in Deutschlands Wäldern hauptsächlich vorkommenden Fichten vertragen steigende Temperaturen und länger anhaltende Trockenphasen nicht, da sie Flachwurzler sind. In diesem geschwächten Zustand können sie beispielsweise Borkenkäfer nicht mehr abwehren. Fichten werden in unseren Wäldern in Zukunft daher wohl immer seltener zu finden sein.

Zudem können sich tropische Krankheiten in Deutschland ausbreiten. Tiere, wie die asiatische Tigermücke, fühlen scih nämlich aufgrund der höheren Temperaturen dann auch hier heimisch.

Wie massiv der Klimawandel unsere Natur noch verändert, erklären wir dir im Video:

In Zukunft mehr Verteilungskämpfe ums Wasser

Teilweise werden in Deutschland bereits wachsende Verteilungskämpfe um Wasser befürchtet, da schon heute die Grundwasserneubildung in einigen Regionen vergleichsweise niedrig ist. Dazu gehören beispielsweise Teile Thüringens, Sachsen-Anhalts, Sachsens sowie Brandenburgs. 

Laut Grünen-Bundestagsabgeordneter Bettina Hoffmann werden bislang rund zwei Drittel des verbrauchten Wassers aus Oberflächengewässern entnommen - also Flüssen, Bächen und Seen. Die Grünen-Politikerin erwartet angesichts des Klimawandels aber einen erhöhten Druck auf die Grundwasservorräte.

Konfliktpotenzial sieht die Expertin vor allem zwischen der Landwirtschaft und der öffentlichen Versorgung mit Trinkwasser, das zu 74 Prozent aus Grundwasser gewonnen wird. 

Veränderungen durch den Klimawandel weltweit

Der Meeresspiegel steigt doppelt so schnell wie im vergangenen Jahrhundert. Dadurch könnten ganze Küstenstreifen unbewohnbar werden. Zudem werden Wetterkatastrophen immer extremer. Diese Aussagen standen in dem Report zur Eissschmelze und den Ozeanen des Weltklimarats IPPC, der Ende September 2019 in Monaco vorgestellt wrude.

Der Bericht zeigt: Die menschengemachte Erderwärmung schädigt massiv die Meere und Eismassen auf unserem Planeten. Das bringe unwiderrufliche Folgen mit sich. So könnten Küstenstreifen und Inseln unbewohnbar werden. Eine besondere Gefahr sei die beschleunigte Eisschmelze in der Antarktis, falls das Eis einmal irreversibel instabil werde. Das könne den Meeresspiegel innerhalb von Jahrhunderten um mehrere Meter steigen lassen. Es sei noch unsicher, ob und wann dies beginne. 

Gleichzeitig würden durch die Veränderungen im Ozean extreme Wetterereignisse wie Stürme und Hochwasser häufiger und stärker, sagte die Co-Vorsitzende des Klimarats, Valérie Masson-Delmotte.

"Menschen, die diesen Veränderungen am meisten ausgesetzt und am verletzlichsten sind, sind oft diejenigen, die am wenigsten reagieren können", so die Expertin. Der Bericht zeigt außerdem auf, dass die durchschnittliche Stärke von Wirbelstürmen zunimmt. Viele Küsten-Megastädte und kleine Inseln müssen mit extremen Wetterereignissen rechnen. Bisher traten diese nur einmal im Jahrhundert auf. Bis 2050 könnten sie in vielen Regionen sogar einmal jährlich stattfinden. 

In manchen Regionen wie den Tropeninseln und Küsten ist die Existenz ganzer Gemeinschaften auch ohne eine instabile Antarktis durch Überschwemmungen bedroht. In Küstenregionen bis zu zehn Metern Höhe wohnen laut IPCC 680 Millionen Menschen. Auf kleinen Inselstaaten sind es 65 Millionen. Vier Millionen Menschen leben dauerhaft in der Arktis.

In Bergregionen werden durch das Schmelzen der Gletscher und das Auftauen dort bestehender Permafrostböden Lawinen, Steinschläge oder Bergrutsche begünstigt. Sind die Gletscher schließlich ganz verschwunden, ist die Trinkwasserversorgung gefährdet. In Hochgebirgsregionen leben 670 Millionen Menschen.

Der Meeresspiegel steigt dem Report zufolge immer schneller an: Der Anstieg sei mit 3,6 Millimeter pro Jahr derzeit doppelt so hoch wie im Schnitt des 20. Jahrhunderts. Während er im gesamten 20. Jahrhundert um 15 Zentimeter geklettert sei, könnte er bei einer starken Erhöhung der Treibhausgase von Anfang des 20. Jahrhunderts bis zum Jahr 2100 um rund einen Meter steigen. 

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Verwendete Quellen:

  • Helmholtz-Zentrum
  • Weltklimarat
  • Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PKI)
  • DPA
  • "Klimawandel in Deutschland", 2017, Brasseur, Guy P., Jacob, Daniela, Schuck-Zöller, Susanne (Hrsg.)
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