Als “geborener Wetterfrosch“ erinnert man sich an gewisse Wettereignisse, die weit, weit zurückreichen. An einem August-Morgen im Jahre 1987, es war Freitag, der 7., musste mein Papa morgens Scheiben kratzen. Und das nicht irgendwo im Bergland, sondern in einer recht warmen Gegend: in Würzburg. Der Sommer 1987 war der mit Abstand kälteste Sommer bis heute. Nur eine Woche gab es Temperaturen im hochsommerlichen Bereich Anfang Juli. Sonst war nicht viel.
1987: Kalter Sommer mit Negativ-Rekorden
Aber Bodenfrost und Reif in der ersten Augusthälfte war schon herb. Ohnehin war damals eine Zeit recht kalter Sommer und strenger Winter. Und so schrieb damals die wissenschaftliche Fachzeitschrift mit den 4 Buchstaben: “Droht uns eine neue Eiszeit?“ Wenige Wochen später begann eine Erwärmung in Mitteleuropa wie sie es seit mindestens 1000 Jahren nicht gegeben hat...
Der 7. August 1987 stellte an vielen Wetterstationen neue Dekaden-Rekorde auf, die bis heute Bestand haben. Die 2. Dekade hingegen bekam ein neues Datum - und zwar den 11. August 2016! Einige Stationen bekamen neue Negativ-Rekorde, darunter unter anderem Bamberg mit 2,9 Grad. Und diese Station gibt es schon seit 1879. Aber auch Leipzig (Station seit 1951) hat mit 6,6 Grad einen neuen Rekord.
Die anderen Kälterekorde für die 2. August-Dekade sind zerstückelt. Da tauchen ein paar 1960er, 70er und 80er Jahre auf, 1896 oder auch 2014. Fast schon “witzig“ sind die Rekord-Werte aus dem Jahre 1994 beispielsweise in Göttingen oder Düsseldorf vom 15. August 1994. Der Sommer 1994 war seinerzeit der heißeste Sommer seit Aufzeichnungsbeginn mit einem Wert von 18,4 Grad! 1992 und 1983 wurden mit je 18,3 Grad “eingestellt“.
Hitzesommer 2003 und 2015
Der Hitzesommer 2003 sorgte dann mal für Ruhe im Karton und grätschte mit fast 19,7 Grad dazwischen und steht nun unangefochten auf Platz eins.
Der Hitzesommer 2015 hatte übrigens auch 18,4 Grad und ist damit an vorderster Sommerfront in der Statistik. So übrigens auch bei den Dekadenrekorden (nur August) für die 1. und 3. Dekade. Da leuchtet viel 2015 auf, während die 2. August-Dekade hauptsächlich von 2003 angeführt wird.
Schrägerweise gibt es in 2015 in der ersten Dekade sogar Hitze- (viele) und Kälterekorde (wenige) parallel.
Sommer 2016 bisher eineinhalb Grad “zu warm“
Das eine schließt also das andere nicht aus. Und ebenso schließt ein zweifelsohne unbeständiger Sommer Wärme nicht aus. Der Sommer 2016 wird bei vielen Sonnen- und Hitzeliebhabern nieder- und schlechtgemacht als gäbe es kein Morgen mehr. Ja, der Sommer 2016 ist und war unbeständig und er wird als Unwettersommer in die Geschichtsbücher eingehen, ja, aber... - rein faktisch: Wäre der Sommer 2016 heute zu Ende, so wäre er mit 17,7 Grad knapp eineinhalb Grad “zu warm“.
So, wenn der Aufschrei verstummt ist und das Kopfschütteln abgeklungen: Stimmt, das ist der Vergleichswert des alten Klimas der Jahre 1961 bis 90, übrigens identisch mit dem Klimamittel der Jahre 1761 bis heute. Der Clou ist jedoch: Nimmt man die vergangenen 30 Jahre her, also unser nigelnagelneues Warmzeitmittel, so ergäbe sich da auch ein Plus von fast einem halben Grad!
Der Sommer 2016 ist mitnichten zu kalt - im Gegenteil. Er hat sich zu kalt angefühlt. Und warum? Weil die Erwartungshaltung an den mitteleuropäischen Sommer durch Sommer wie 2015, 2003 oder des WM-Sommermärchens 2006 so erhöht hat als müsse das so sein. Das, was es heute an kühlen Phasen gibt (aktuell oder Mitte Juli) war einst einmal Standard. Und das, was heute Standard ist (die Wärme), war früher die Ausnahme. Es ist dabei unerheblich, ob mit oder ohne Sonne. Wärme schützt nicht vor Nässe und Kälte oder Kühle muss nicht unbedingt unbeständig sein.
Natürlich hatten wir früher auch im Sommer Badewetter, Hitzefrei, etc. Doch mal Hand aufs Herz an die Generationen, die die 80er, 70er, usw. erlebt haben: Hatten wir nicht damals “Sommerjacken“, weil es sonst einfach zu kalt war?
Beispielslose Warmzeit liegt hinter uns
Bleiben wir mal ein bisschen bei den Fakten und rücken damit mal alles wieder ein wenig in die Relation: Nach dem eisigen März 2013 hatten die darauffolgenden 40 Monate, also bis Juli 2016 lediglich 4 Monate mit einem minimalen Minus (Mai 2013, August 2014, September und Oktober 2015) und einer lag im Mittel (September 2013). Alle anderen 35 Monate waren zu warm. Von den 35 Monaten waren 6 Monate mehr als 3 und 15 Monate mehr als 2 Grad zu warm.
Der sonnige und trocken-heiße Hochsommer 2013, der Hitzesommer 2015 sowie das trockene und sehr warme Sonnenjahr 2015 mit neuen Wärmerekorden im November und Dezember samt der sehr milden Winter haben uns an Sonne und Wärme mehr gewöhnt denn je. Wir haben eine fast beispielslose Warmzeit hinter uns und schlendern gerade in Richtung “normal“. Und mit normal meine ich noch nicht einmal das Klima von einst, sondern das Mittel von “heute“.
Verstärkte Hochdrucktendenz
Da das Jahr 2016 bisher durch die Bank zu warme Monate hatte (Januar bis Juli), könnte der August dem einen Riegel vorschieben. Wir bekommen zwar einen Block mit Sonne und Wärme in den kommenden Tagen, doch die Rückkehr zur Wechselhaftigkeit ist in den Wetterkarten nach wie vor vorhanden, wenn auch inzwischen etwas wackelig - will heißen: Eine verstärkte Hochdrucktendenz mischt sich unter manchen Modell-Lauf.
Und noch etwas könnte das Zünglein an der Statistik-Waage werden: der Sonnenstand. Die Energie geht von Tag zu Tag flöten. Die Tage werden kürzer, die Nächte länger. Und da das Land - im Gegensatz zu 2015 - nicht ausgetrocknet und aufgeheizt ist, braucht etwaige Warmluft aus südlichen Gefilden zum Aufheizen nun länger als noch im Juni oder Juli.
August bisher im Minus
Mit dem 11. August hat der Monat, wäre er theoretisch jetzt zu Ende, ins Minus gedreht. Da wird er war bis Mitte der kommenden Woche wieder heraus kommen, doch ein leichtes Abkühlen auf eine schwarze Null oder eine leicht blaue Null bis zum Monatsende wäre durchaus denkbar...
Kommen wir mal ein wenig konkreter zu den Aussichten der kommenden Zeit. Damit meine ich jetzt weniger die einzelnen Tage - diese behandeln wir in den Videos -, sondern mehr auf die grobe Witterung und deren Eigenschaft. Wenn ich mir beispielsweise die verschiedenen Varianten des GFS für das Monatsende ansehe, so sind da ziemlich viele Parallelen zu den Vorwochen: Relativ viel Hochdruck um uns herum und ein paar Schwachstellen in Form von so genannten Feuchtefeldern, die herumwabern, von kleinen Höhentiefs, etc. Rund um den Sonnenhöchststand - sagen wir 6 Wochen -, also von ca. Mitte Mai bis Anfang August, ist die Konvektion sehr ausgeprägt:
Die Sonne steht hoch, der Boden erwärmt sich stark, die Luft steigt auf, kondensiert und es entstehen Quellwolken samt Schauer und Gewitter. Da in diesem Sommer Wärme und Feuchtigkeit sehr stark ausgeprägt waren, schossen die Gewittertürme in den Himmel. Bedingt durch langsames Ziehen gab es diese immensen Regenmengen, die wiederum zu den Katastrophen führten. (Es war nicht nur der Regen per se, sondern auch die Versieglung der Böden, Monokulturen, etc.)
Das heißt: Eine Luftmasse mit mehr als 15 Grad in 1500 Meter Höhe mit viel Feuchtigkeit, hohem Sonnenstand und wenig Wind bringt tropischen Regen hervor.
Dieselbe Wetterlage mit um und etwas über 10 Grad in 1500 Meter Höhe, etwas weniger Feuchtigkeit und einem niedrigem Sonnenstand macht bei nahezu exakt selber Wetterlage nicht mehr ganz so viel Bimbamborium.
Wechselhafter Trott nach “Schönwetterperiode"
Die Witterung wird nach der “Schönwetterperiode“ vom Wochenende bis Mitte der kommenden Woche in einem ähnlich wechselhaften Trott weitergehen wie der bald vergangene Hochsommer und der Frühsommer. Neben sonnigen Phasen kommt es mal mehr, mal weniger zu Schauern und Gewittern. Nicht mehr ganz so verbreitet und nicht mehr ganz so stark wie noch von Mitte/Ende Mail bis Ende Juli.
Wenn wir schon im Analysieren der Großwetterlagen sind, nehmen wir uns doch mal das “Muster“ bzw. die Struktur der Großwetterlagen unter die Lupe, die wir seit Januar haben. Nach den Rekorden im November und Dezember kam es zu einer Art Übergang im meteorologischen Winter, der zwar viel zu warm war, jedoch erste Kältephasen brachte - wir erinnern uns an die Winterwoche Ende Januar.
Ständiges Auf und Ab
Mit dem meteorologischen Frühjahr begann dann eine Witterungsphase, die sich eigentlich bis jetzt fortgesetzt hat: Sämtliche Witterungslagen waren von Wechselhaftigkeit geprägt. Es gab kurze sehr warme Phasen dazwischen, die zweifelsohne jeder Monat hatte mit weit überdurchschnittlichen Temperaturen. Auch Hochdruck- bzw. so genannte “Schönwetterphasen“ waren immer nur von kurzer Dauer, dafür jedoch sehr markant: Es war dann einfach wolkenlos und sonnig. Dazu kamen in fast jedem Monat kurze, dafür sehr ausgeprägte Polarlufteinbrüche. Wir erinnern uns an den Schnee Ende April mit Frostschäden bis auf die Alpensüdseite, den Schnee bis unter 1500 Meter Höhe Ende Mai oder auch den Kaltlufteinbruch Mitte Juli und den eingangs besprochenen.
Diese grobe Struktur läuft nun seit gut einem halben Jahr. Schaut man sich die Modell-Berechnungen der Langfristtrends an, so wird das auch in den kommenden Monaten so weitergehen. (Die Auswirkungen werden sonnenstandsbedingt natürlich etwas anders sein als im Sommer.)
Gerade in Zeiten des neuen Klimas haben wir die Beobachtung schon häufig gehabt, dass Großwetterlagen über viele Monate, oft sogar über einige Jahreszeiten anhalten, ehe dann eine neue Struktur folgt. Und diese Struktur-Änderung soll nach den Langfristmodellen zum meteorologischen Winter erfolgen. Und genau hier liegt der Hase im Pfeffer:
Komplettausfall des Winters?
Das NOAA-Modell, Hartmut hat dies im
Video analysiert und sprach von einem “schwül-warmen Winter“, zeigt weit überdurchschnittliche Temperaturen sowie einen weiteren Komplettausfall des Winters.
Das aktuelle CFS-Modell sähe das anders und würde uns einen normalen bis tendenziell zu kalten Winter bringen.
Hier gehen die Meinungen etwas auseinander. Ich persönlich bin der Meinung, dass der kommende Winter irgendwo zwischen plus 0,5 und plus 1,2 im Vergleich zum alten Klimamittel ausfallen wird bzw. zu kalt, bezogen auf das Heute... Stand jetzt...
Bis vor einiger Zeit berechneten die Modelle einen tendenziell kühlen Oktober mit ersten markanten Kaltlufteinbrüchen samt Schnee bis ins mittlere Flachland - in der Regel ein Dolchstoß für den Winter. Inzwischen sind die Berechnungen hiervon ein bisschen weggekommen und zeigen zumindest tendenziell mehr Hochdruck und mehr Blockademöglichkeiten. Das spräche jetzt wieder eher für eine kältere Variante.
Wir müssen, um mehr zum Winter sagen zu können, den September abwarten und auf den Oktober schauen. Wir der September (zu) warm und der Oktober eher rau und früh kalt, dann können wir den Winter in die Tonne kloppen. Kommt allerdings der September nicht mehr wärmemäßig in die Puschen und macht es der Oktober eher “nett“ mit Sonne und/oder Nebel und ruhigeren Phasen, so wächst die Wahrscheinlichkeit für mehr Winterwetter (bis ins Flachland).
Dafür sprechen übrigens auch die Kältephasen im März sowie die Kaltlufteinbrüche im späten Frühjahr.
Einen richtig kalten Winter möchte ich an dieser Stelle (fast) ausschließen. Dafür ist und war es einfach zu warm. Kalte Winter, also richtig kalte Winter, haben kühl-/kalt-nasse und raue Jahreszeiten als Vorboten. Und von kühl oder kalt kann im Jahr 2016 überhaupt keine Rede sein (Januar bis Juli: +1,7; +2,9; +0,6; +0,7; +1,6; +1,6; +1,7).
Fazit
Halten wir als Fazit fest: in Sachen Niederschlag und Sonne sind wir sehr nah am Durchschnitt dran. In Sachen Temperatur liegen wir sogar über dem warmen Mittel der vergangenen 30 Jahre.