Kais Kolumne: Was macht der Winter?

Veröffentlicht: Do 07.11.2013 | 00:00 Uhr
Kais Kolumne: Was macht der Winter? Die Diskussion der Vorhersagbarkeit von Jahreszeiten keimt regelmäßig hoch. Zu sagen, dass das nicht möglich sei, ist genauso falsch wie zu sagen, dass man Wetter nur für 3 Tage vorhersagen kann. Die Wahrheit liegt wie immer in der Mitte und es kommt einfach auf die Wetterlagen und die Struktur der Grundcharaktere von Jahreszeiten an. Mal ist so etwas relativ „leicht“, mal relativ schwer. Wir haben das alle schon erlebt, dass die Vorhersage für den kommenden Tag fast nicht möglich ist, die Vorhersage für den Tag in einer Woche jedoch höchst präzise.

Wie in jedem Jahr gibt es von einer gewissen „Fachzeitschrift“ die Prognose, dass es einen der strengsten Winter seit 100 Jahren geben soll. Und dann wird weiter erläutert, dass es ein weiterer kalter und eisiger Winter sein soll. Der letzte deutschlandweit eisige und kalte Winter liegt übrigens 18 Jahre zurück. Das Gehampel der vergangenen Winter kann man weder streng noch als eisig nennen - gefühlt ja, aber objektiv nein. Die Winter können auch ganz anders. Fällig wäre ja solch ein Winter wieder, der seinen Namen als solchen auch verdient hat...

Blicken wir mal 18 Jahre zurück. Anfang November 1995 gab es einen der markantesten Wintereinbrüche, die es in den vergangenen Jahrzehnten um diese Jahreszeit gegeben hat. Ein heftiger Wintereinbruch Anfang November ist an und für sich ein schlechtes Omen für einen kalten Winter. Und genau das Gegenteil war der Fall. Der kurze und markante Wintereinbruch war schnell wieder passé. Doch dann zog klammheimlich ein langer und strenger Winter mit viel, viel Dunkelheit ein. Das Besondere am Winter 1995/96 war die anhaltende Kälte in den Niederungen, bedingt durch viel Inversion. Während es unten viel zu kalt war, war es auf den Bergen sonnig und warm mit wenig Schnee.

Im Gegensatz dazu war der anfängliche Supermildwinter 2011/12 auf den Bergen eher ein wenig zu kalt, in den Niederungen jedoch extrem mild. Dass es am Schluss kein Supermildwinter wurde, lag an der markanten Kältewelle in der ersten Februarhälfte.

Zusammenfassend kann man sagen: Kalte Luft macht noch lang keine Kälte und milde Luft macht noch lang keine Wärme im Winter. Die kältesten Winter(phasen) werden gerne durch eine vorhandene Schneedecke in Verbindung mit einem Hoch erzeugt. Hier kann es unter einem Hoch über Wochen eisig bleiben, während man auf den Bergen im milden Sonnenschein die Seele baumeln lassen kann. Es darf einfach keinen Wind geben - es sei denn, er kommt aus östlichen Richtungen. Und Wind haben wir ja seit Wochen en masse - nur aus westlichen Richtungen...

Bis Mitte Juli war, von der Struktur der Großwetterlagen her, ein kalter bis eisiger Winter die wahrscheinlichste Variante. Der Bruch dieser Struktur in den vergangenen Monaten gab eher so die Tendenz Durchschnitts- oder Mildwinter, keinesfalls jedoch einen Kaltwinter. Und wäre jetzt der Winter schon Anfang November eingezogen, hätte ich darauf gewettet, dass wir einen sehr milden Winter kriegen.
Manche sagen auch, dass sich im Norden und Osten Kälte sammeln muss, damit es einen kalten Winter gibt. Ich finde das unwichtig. Es gab schon viele Jahre, in denen die Kälte über Skandinavien und Osteuropa drohend und klirrend lag und es blieb mild, mild und nochmals mild. Auf der anderen Seite gab es Jahre mit einem schier endlosen Wärmeherbst ohne einen Hauch von Kälte im Norden und Osten. Und es folgen massive Strengwinterphasen im Hochwinter. 1984 und 1986 dienen dort als Beispiel.
 

Was ist in diesem Jahr los? Die seit Wochen sich immer wieder generierende und nährende Westlage könnte zweierlei bedeuten - und das sehe ich als die wahrscheinlichsten Winter-Varianten: 1. Es steht uns ein „unruhiger“ und ruppiger Winter bevor, der durch große Launen besticht. Es würde nicht der beste Flachlandwinter werden, eher ein windiger Schmuddelwinter mit nur kurzen und überschaubaren kalten Phasen samt Schnee bis ganz runter. Das Bergland allerdings würde von viel Schnee profitieren. Die Wintersportler würde es freuen.
Am Schluss würde uns sicherlich von der „Fachpresse“ ein solcher Winter wieder als einer der kältesten überhaupt verkauft werden, unabhängig davon, wie groß das Plus wäre. Und ein Plus hielte ich dann für sehr wahrscheinlich.

Nun gibt es aber noch eine 2. Version, der ich mehr und mehr den Vorzug gebe: Die ruppige und raue Westlage ist gar nicht mal so schlecht. Erinnern wir uns zwei Jahre zurück. Der Herbst 2011 war ein sonnig-warmer Ewigkeitstraum (Albtraum für die Natur) mit dem trockensten November seit Aufzeichnungsbeginn. Und wie auf Knopfdruck brach die Westlage im Advent durch.
Die Winterweichen werden gerne in der ersten Dezemberhälfte gestellt. Mildes und raues Westwetter sind die Vorzeichen eines Mildwinters. Zu viel Kälte und Winterwetter sind allerdings auch nicht gerade der Idealfall für einen kalten Winter.

Der „Idealfall“ für einen eher strengen und kalten Winter sollte von einer gewissen „Unauffälligkeit“ geprägt sein; Beispiel: Die jetzige Westlage läuft in ein paar Wochen langsam aus. Es kehrt langsam Ruhe in der Wetterküche ein. Erste vorwinterliche Kaltlufteinbrüche mit Schnee in den Bergen und im höheren Flachland machen es vom Flair her zumindest etwas winterlich. Es kommen keine großen Mildschübe mehr, aber auch keine große Kälte. Es dümpelt so dahin. Und dann - im Laufe der zweiten Adventshälfte, Richtung Weihnachten - folgen die ersten kräftigen Kaltlufteinbrüche mit Schnee und Frost bis ins Flachland. Die Westwind-Zirkulation ist zusammengebrochen und wir liegen öfter unter Hochdruck oder in Wetterlagen, die eigentlich auf den ersten Blick „unscheinbar“ sind. Das wäre die ideale Vorbereitung eines kalten Winters! (Kurze Westlagen mit milder Luft schließen die Kälte nicht aus - im Gegenteil. Sie könnten sogar der Wegbereiter für Kälte sein. Das ist aber ein anderes Thema, dem wir uns zuwenden, wenn es soweit ist.)

Dann beschäftigen wir uns doch mal mit der aktuellen Lage:
Die seit Wochen währende Westlage mit der Tendenz zu Südwest und extrem milden Luftmassen hat ihren Höhepunkt nun überschritten. Die Wetterküche bleibt in der nächsten Zeit zwar noch unruhig, doch der Trend geht zu „mehr Ruhe“. Die kommende Woche wird noch von Luftmassenwechseln geprägt sein - alles in allem jedoch auf niedrigerem Niveau als bisher mit ersten Schneefällen bis ins höhere Flachland sowie im Bergland (über 500 bis 700 Meter Höhe).

Der mittelfristige Trend für die 2. Novemberdekade verspricht uns also noch keinen wirklich nachhaltigen Wechsel. Am übernächsten Wochenende schaut es sogar abermals nach einer kurzen Super-Mildphase aus. Im Anschluss jedoch ändert sich langsam die Struktur. Die Westdrift verliert an Fahrt.

Dieses an Fahrt verlieren hat zwei Gründe: 1. Auf dem Altantik baut sich allmählich mehr Hochdruck auf. Der Atlantik wird zwar dadurch nicht komplett blockiert, aber die Tiefs werden „umgeleitet“ und müssen sich andere Wege suchen. Und 2. das Hoch über Russland weitet seinen Einfluss weiter nach Westen aus.
Das ist schon einmal eine deutliche Änderung der Grundstruktur, die über zwei, drei Wochen gehen wird. Und je länger etwas dauert, desto nachhaltiger kann das Ganze sein.
 
 
 
Beim Blick in die Langfristvorhersagen zeichnen sich ebenfalls sehr interessante Trends ab, die eine Folge der Entwicklung der kommenden 2 bis 3 Wochen sind. Um Ende November (ab dem 25.) bis zum Beginn der Adventszeit wird es wohl zu einem ersten stärkeren Kaltluftausbruch von Norden kommen mit den ersten Winteroptionen bis ins Flachland. Dass das Ganze eine Nachhaltigkeit hat bezweifle ich. (Wir erinnern uns: Ende November 2010 leitete ein Kaltlufteinbruch, der sich übrigens zwei Wochen vorher in den Wetterkarten zeigte, den Super-Winter-Dezember 2010 ein.) Im weiteren Verlauf wird die Adventszeit ungefähr so verlaufen wie eben in der zweiten (und wahrscheinlicheren Möglichkeit) erwähnt.

Danach - Richtung Hochwinter - könnte es zu einer winterlichen Großwetterlage kommen, die wir schon lange nicht mehr gehabt haben und die einige verblüffen wird. Der Atlantik hat tendenziell ein kräftiges Tief zu bieten, das eigentlich klassischerweise für mildes und wechselhaftes Wetter sorgen würde. Nur wird dieses Tief nicht irgendwo rund um Island und den Britischen Inseln rumrödeln, sondern deutlich weiter westlich. Im Gegenzug schafft es der kontinentale Hochdruckblock immer wieder bis Skandinavien sowie mit einem Keil bis nach Westeuropa rein. Und damit lägen wir exakt zwischen den Stühlen mit einer Tendenz zu etwas mehr Kälte.

Wie müssen wir uns den Witterungsablauf dazu vorstellen? Ab Ende November bis ca. Mitte Dezember schwächen sich die Warmlufteinbrüche deutlich ab. Es kommt zu ersten Schneefällen bis ins Flachland. Das wird noch nichts Nachhaltiges sein, aber es kann weiß werden. Nachtfrost und in höheren Lagen mit leichter Schneedecke auch Dauerfrost werden wahrscheinlicher. Das Ganze wird unterbrochen von Tauwetterlagen bis über 1000 Meter Höhe. Insgesamt nimmt allerdings die „Niederschlagswahrscheinlichkeit“ ab.
Im weiteren Verlauf - so sieht es derzeit aus - gewinnt der Hochdruck. Die Tiefs werden nach West- und Südeuropa umgeleitet. Bodennah kann sich immer mehr Kaltluft aufbauen, Winterwetter wird wahrscheinlicher.

Im Anschluss, wenn es über Weihnachten hinaus in die Hochwinterzeit geht und wir an den Rand der Druckgiganten geraten, stehen uns „interessante Witterungsperioden“ bevor. Durch die Westverlagerung des Kontinentalhochs ist immer wieder Kaltluft in unserer Nähe, die bei der richtigen Wetterlage ruck zuck zu uns gelangen kann. Auf der anderen Seite schubst das Tief auf dem westlichen Nordatlantik immer wieder Tiefs in unsere Richtung, die es mal mit Tauwetter und Regen bis zu uns schaffen und/oder ins Mittelmeer umgelenkt werden uns eine eher östliche Strömung auslösen können. Schneefälle im Alpenraum wären die Folge!

Meine persönliche Einschätzung für den Winter lautet ähnlich wie die, die ich vor langer Zeit schon mal gemacht hatte als wir über die „Eiswinter“ der vergangenen 5 Jahre gesprochen hatten: Es wird, rein statistisch, eher ein Winter sein, der mehr um die schwarze Null herum pendelt als ein sehr milder Winter bzw. ein sehr strenger Winter. Ein Winter mit einer „schwarzen Null“ plus, minus ein halbes Grad in der Statistik entspräche in etwa einem Winter der vergangenen 5 Jahre.
Was ich für den kommenden Winter jedoch nahezu ausschließen möchte, ist die immerwährende Dunkelheit und depressive Anti-Vitamin D-Tristesse. Der kommende Winter wird mehr Sonne zu bieten haben. Der Zyniker darf gerne kommentieren: Schlimmer also 2012/13 geht es nicht mehr! Stimmt, aber es ginge ähnlich wie 1995/96 ;-)
 
 
 

Das war jetzt mal ein großer Überblick über die aktuelle Entwicklung für die nächsten Wochen und Monate. In Kürze werde ich das Ganze im Video noch einmal mit Wetterlagen zusammen fassen.
Damit halten wir zum Schluss fest: Der Winter kommt mit ersten Besuchen ab Sonntagnachmittag ins Bergland sowie ins höhere Flachland jenseits von 500 bis 700 Meter Höhe. Im Flachland haben wir noch Schonfrist. In 2 bis 3 Wochen gibt es erste winterliche Optionen mit Schnee auch bis ins Flachland. In höheren Lagen wird das Ganze dann schon nachhaltiger sein. Winterreifen sind ab Sonntag oberhalb von 500 bis 700 Meter Höhe ein Muss, im Flachland spätestens Ende November. Dazu gehört langsam Frostschutz ins Scheibenwischwasser.

Im Garten bleibt noch vieles im in Anführungszeichen grünen Bereich. Die Böden sind und bleiben vorerst offen ohne Schnee und ohne Frost. Aber auch hier sollten in den kommenden 2 bis 3 Wochen alle Arbeiten abgeschlossen sein.

Und dann freuen wir uns gemeinsam auf eine spannende Witterung in den kommenden Wochen und Monaten :-)...!


(Alle Bilder/Grafiken: Kai Zorn)




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