Jenseits des Tales
Das ist schon etwas verzwickt mit den Sommern der vergangenen Jahre, besonders nach denen seit 2006, dem „Sommermärchen“. Seitdem fallen die Sommer durch ihre Wechselhaftigkeit aus. Länger sonnige und heiße Phasen sind nur noch relativ kurz, dafür aber verhältnismäßig stark ausgeprägt. Denken wir an August 2009 oder auch an 2010 zurück. In 2010 erlebten wir eine gut 4wöchige extreme Hitzeperiode oder 2011, als Mitte August der Sommer der Sommer zur Hochform auflief mit neuen Hitzerekorden im Süden. Dafür währte der Sommer bis tief in den Herbst hinein mit geöffneten Freibädern bis Anfang Oktober in Hamburg. Dienstg
 
Vielleicht liegt hier sogar der Hase im Pfeffer begraben!? Die Frühjahre, die Herbste und zum Teil auch die Winter brachten uns dafür Trockenheit und Sonne ohne Ende. Erinnern wir uns an den Rekord-Sonnenschein- und Wärmeblock von September 2006 bis April 2007 mit Sonne und Wärme bis zum Abwinken. Wir brauchen jedoch gar nicht so weit in der Vergangenheit kramen. Einen sonnigen Rekordtrocken-November mit Waldbränden haben wir erst hinter uns, gefolgt von einem abermals sonnigen, trockenen und viel zu warmen Frühjahr.
 
So hat es den Anschein, als würde der Sommer jeweils das Nässe- und gefühlte Kühledefizit ausgleichen wollen. Durch die vielen Verwöhnsommer der vergangenen 2 Jahrzehnte ist unser mitteleuropäisches Westwind- und Azorenhoch-Wetter bei vielen in Vergessenheit geraten.
Doch ich kann Ihnen versichern: Es geht noch viel, viel „schlimmer“ als es in den vergangenen Wochen und in den kommenden Wochen war und sein wird. Vom kühlen Juli 2000 einmal abgesehen waren die Sommer 1996 und 1993 alles andere als berauschend. Richtig „gruselig“ waren jedoch die Sommer 1987 und 1980. Der 1980er Sommer heißt übrigens auch „Gruselsommer“. Solch eine Witterung wäre heutzutage ein Unding.
 
Nüchtern statistisch gesehen lagen die Sommermitteltemperaturen der 90er und 2000er Jahre meist bei 17,0 bis 18,5 Grad. Die „kalten Gesellen“ (1996 und 1993) taumelten bei 16,2 bzw. 15,8 Grad. Der Hitzesommer 2003 brauchte es auf 19,7 Grad. Der Durchschnitt aus dem alten Klimamittel von 1961-90 liegt bei 16,3 (!!!) und der von 1981-2010 bei 17,1 Grad.
Die eben genannten kühlen Sommer 1987 und 1980 brachten es auf schlappe 15,5 Grad.
 
Zurück zum aktuellen Geschehen. In der Überschrift heißt es Jenseits des Tales. Zwei Dinge meine ich damit: 1. Es steht uns ein (Temperatur)Tal bevor und zweitens deutet sich hinter diesem Tal ein beginnender Aufstieg, also ein (Temperatur)Berg an.Freitag
Nachdem die erste Juli-Dekade teilweise deutlich zu warm war, rutschen wir in der zweiten Dekade auf unterdurchschnittliche Temperaturen ab samt Wind und wiederholten Regenfällen. Mit dem Beginn der 3. Juli-Dekade nimmt die Regenwahrscheinlichkeit ab und die Temperaturen beginnen nach dem Willen der meisten Modelle sichtbar zu steigen.
 
Wie in der ersten Juli-Dekade das Wetter gezeigt hat, ist große Wärme noch lange kein Garant für Sonne. Bei genügend Feuchtigkeit ist dies eher ein Garant für schwere Gewitter bzw. Unwetter. Und von denen hatten wir in letzter Zeit nun wirklich genug.
Die Abkühlung in der 2. Dekade nimmt durch die fehlende Energie Abstand von den Unwettern und bringt uns in der Tat eine Witterung wie es in den Sommern vor 1988 oft üblich war.
Danach scheint der Hochsommer so richtig auftrumpfen zu wollen! Viele Einzelberechnungen sehen für Ende Juli ein stabiles Hoch über Mittel- bzw. Nordeuropa. Es ist zwar nur ein vager Trend, doch dieser bestätigt sich dafür von Lauf zu Lauf…
 
Lassen wir aber erst einmal das Spekulieren sein. Die langfristigen Trends sehen wir uns in den kommenden Tagen dann genauer im Video an. Widmen wir uns nun der Entwicklung bis zum Wochenende:
 
Es wird im Laufe der Woche deutlich kühler und vielerorts werden wir sogar die 20 Grad-Marke nicht mehr erreichen. Den einen fährt es gar erschreckend durch die gefrierenden Glieder, andere sind froh, dass damit auch die Unwettergefahr einmal unterbrochen wird. Die Kombination Feuchte und sehr warme bis heiße Mittelmeerluft waren die Brutstätten der schweren Gewitter der jüngsten Zeit.
Nachdem es an der Nordsee zuletzt sonnig und warm war, tobten hier heute Regenwolken und ruppiger Wind mit sehr kühlen Temperaturen. Der Rest des (Binnen)Landes und an der Ostsee blubberte mit einem Mix aus Sonne und Wolken samt einzelner Schauer und Gewitter vor sich hin.
 
Und in diesem Trott eiern wir auch durch den Dienstag. Vielerorts setzt sich nach einer recht frischen Nacht die Sonne durch. Länger sonnig ist es dann besonders von Nordfriesland bis zur Ostsee und dann weiter runter bis nach Sachsen und in weiten Teilen Süddeutschlands. Ein Knubbel feuchter Luft zieht mit immer mehr und immer kräftiger werdenden Schauern im Laufe des Tages über die gesamte Nordwesthälfte. Vor allem NRW und Niedersachsen erwischt es. Aber auch sonst brauen sich bevorzugt über den Bergen ein paar Schauer und Gewitter zusammen.eine WOche
Auch über dem Flachland in der Schweiz und in Österreich scheint die Sonne.
 
Die Höchstwerte erreichen 20 bis 27, im Osten Österreichs nahe 30 Grad. An den Küsten, speziell an der Nordsee, bleibt es mit auflandigem Wind mit etwas unter 20 Grad kühler.
 
Am Mittwoch erwartet uns ein Hauch von Frühherbst. Tief MINA wirft die Windmaschine an. Rauschende Bäume, raunende Wälder und flatternde Fahnen sind das Endergebnis des flotten und teilweise auch ruppigen Südwestwindes. Dazu haben wir einen munteren Mix aus Wolken, Sonne und einigen Schauern und Gewittern. Im Nordwesten sind es kaum noch 20 Grad, im Osten noch einmal über 25 Grad.
Im Osten Österreichs heizt die Sonne noch einmal richtig ein und bringt uns gut 30 Grad, ehe hier zum Teil heftige Gewitter auch die Hitze wegräumen.
 
Der Donnerstag startet mit vielen Wolken, kühlem Wind und letzten Schauern. Im Laufe des Tages stülpt sich ein kleines Zwischenhoch über uns. Besonders in der Mitte und im Süden lässt der Wind spürbar nach und die Schauer klingen ab. Derweil zeigt sich immer häufiger die Sonne. Ein paar Schauer, vereinzelt auch Gewitter, erwarten uns dann hauptsächlich im nördlichen Drittel Deutschlands sowie in Osttirol und Oberkärnten.
 
Die 16 bis 22 Grad erinnern dann eher an einen durchschnittlichen September-Tag als an brütende Juli-Hitze. Ein paar Grad wärmer ist es im wieder im Osten Österreichs und auf der Alpensüdseite. Die heißen Temperaturen der Vortage werden aber auch hier nicht mehr erreicht.
Die Temperaturen fühlen sich übrigens am Morgen, am Vormittag und zur Mittagszeit durch den Wind erheblich kälter an!gemittelt 10
 
Der Mittwoch und der Donnerstag sind eigentlich nur der Vorgeschmack auf das danach Kommende! Der Freitag beginn im Osten zwar noch ganz nett mit Sonne und über 20 Grad, doch die nächste Frühherbst-Front steht schon Gewehr bei Fuß!
Nach derzeitigen Berechnungen liegt das Regengebiet eines neuen Tiefs zwischen Schleswig-Holstein und Rheinland-Pfalz. Bis zum Abend wird dieses Regengebiet, in Form einer Kaltfront, etwas zerfleddert und wird viel häufiger mit Schauern und Gewittern durchsetzt. Am längsten hält es in Niederösterreich, in Wien, im Burgenland, in der Steiermark und in Unterkärnten. Aber auch nach Durchzug der Front folgen rasch weitere Schauer und Gewitter.
 
Das Ganze mündet in einem windigen, kühlen und wechselhaften Wochenende. Das Schauer- und Gewitterrisiko nimmt zwar, verglichen mit den Vortagen, leicht ab, der Gesamteindruck hat jedoch kaum was mit Sommer zu tun.
 
Viele Wolken, böiger, an der See und in den Bergen auch stürmischer Wind und einzelne Schauer und Gewitter fegen jegliche (Hoch)Sommerträume weg. Die 20 Grad-Marke erreichen wir nur noch mit größeren Sonnenscheinfenstern zwischen Vorpommern und Sachsen sowie in den Flussniederungen von Rhein, Mosel, Main, Neckar usw. Auch auf der Alpensüdseite und im Osten Österreichs geht es über die 20 Grad-Marke. Erst weit jenseits der Alpen herrscht Hochsommer mit Sonne und entsprechenden Temperaturen.
 
Dieser „Niedergang“ des Juli-Sommers ist erst einmal nachhaltig und hält auch die Woche drauf noch an. Erst dann, wir hatten es eingangs besprochen, rödelt sich das Tief mit seiner feucht-kühlen Luft langsam aus. Mit dem Beginn der 3. Juli-Dekade nehmen dann Wind, Regen und Kühle den Hut und der Luftdruck steigt an.gemittelt 15
 
Betrachtet man jedoch die Entwicklung der Großwetterlage, so könnten wir wieder da landen, wo uns die vergangene Zeit wiederholt hingeführt hat: in einem kräftigen Azorenhoch, das seinen Fühler bis Mittel- und Nordeuropa ausstreckt, hier dann eine eigenständige Hochdruckzelle bildet und für deutlich mehr Sonnenschein sorgt. Gleichzeitig saugt es aus dem Mittelmeerraum Heißluft an, ehe es zwischen den Hochkernen draußen auf den Azoren und irgendwo über dem Kontinent wieder eine poröse Stelle gibt, die dann mit einer zunehmenden Gewitterneigung das bis dahin lang ersehnte Sommerwetter wieder in eine Waschküchen-Geschichte mit Gewittern führt bzw. führen kann. Aber das ist jetzt sehr, sehr spekulativ ;)!
 
So lässt sich als Fazit festhalten: Es bleibt ungemütlich, wird nur deutlich kühler. Die 2. Julidekade gehört wettermäßig der Katz‘! Von sonnig-heißem Bade-, Biergarten- und Erntewetter fehlt in dieser Zeit jede Spur. Mal gucken, ob der Sommer zumindest im Laufe der 3. Dekade noch in die selbige (Spur) kommt…
 
(Alle Bilder/Grafiken: Kai Zorn)
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