Der letzte Hitze-Gruß, dann ist Schluss?
Veröffentlicht: Mi 15.10.2014 | 00:00 UhrGehen wir noch einmal kurz der Frage nach: Warum kam diese Wetterlage nicht im Sommer? Wenn wir Wetterlagen aus dem Frühjahr oder dem Herbst mit denen des Sommers vergleichen, vergleichen wir Äpfel mit Birnen. Um beständigen Hochdruck im Sommer zu haben, muss die subtropische Hochdruckzone wesentlich weiter im Norden sein, d. h. der ganze Jet sollte anders liegen, im Idealfall noch eine "Omega-Lage" herrschen. Dann kommen Sommer wie 1994, 1995, 2003 oder auch 2006 - exklusive August - zustande.
Wetterlagen wie im Frühjahr und Herbst dieses Jahres bringen jedoch ausgerechnet im Kernsommer Schmu und Schmäh! Warum?
Im Frühjahr und im Herbst steht die Sonne tiefer, der Kontinent erwärmt sich nicht so stark - wir reden hier nicht von der zugeführten Wärme aus südlichen Gefilden, sondern von der entstehenden Wärme durch das Aufheizen des Kontinents. Wenn sich der Boden durch den hohen Sonnenstand immer weiter erwärmt, steigt Luft auf. Diese aufsteigende Luft muss ausgeglichen werden und am Boden strömt Luft nach. Diese kommt vom Meer, ist kühler und feucht. Ein Kreislauf beginnt, Tiefdruck entsteht. Geht durch die tiefer stehende Sonne die Energie wieder flöten, gerät dieser Kreislauf ins Stocken und lässt schließlich ganz nach.
Das ist jetzt stark vereinfacht dargestellt, trifft es jedoch auf den Punkt. Der Hochsommer fiel ins Wasser, weil es eben Hochsommer war. Kurios, oder?
Lassen Sie uns kurz bei den Kuriositäten bleiben: Dass der August ins Wasser fallen sollte, haben wir bereits im Februar erläutert, ebenso das "Wiederkehren des Sommers" im Herbst. Erinnern Sie sich? Auch hier sagten wir: Wenn jeder glaubt, der Sommer sei vorbei, kommt er und weiter: Die Langfristwetterkarten deuteten dieses Sommer-Comeback im September und einen warmen Oktober an. Enden sollten dieser "Nachsommer" nach dem 20. Oktober, also in der 3. Dekade. Auch das besprachen wir schon im Sommer und vor allem mit der Herbstprognose Ende August, Anfang September. Und ich bin selbst verblüfft, dass es mit einer hohen Wahrscheinlichkeit so kommen wird:
Dieser extreme Höhenflug des Oktobers geht definitiv zu Ende. Schauen wir kurz auf die aktuellen Daten. Wäre der Oktober theoretisch vorbei, wäre der Oktober-Rekord aus dem Jahre 2001 mit 12,5 Grad um gut ein Grad übertroffen. Eigentlich der schiere Wahnsinn! Vom Niederschlag her haben wir gut 40 Prozent des Solls erreicht, die Sonne hat exakt die Hälfte geschafft. Streng genommen ist der (meteorologische) Herbst bis jetzt - inklusive September - von der Sonne her defizitär. Andere sagen dazu, es sei der "sonnigste Herbst alle Zeiten"...
Super-Duper Wärme-Oktober hatten wir auch 2006 mit 12,1 Grad bzw. 1995 mit 11,8 und 2005 mit 11,0 Grad. Die letztgenannten Jahre brachten kalte und vom Hochdruck dominierte Winter in der Folge, die Oktober 2001 und 2006 milde bzw. 2006 den wärmsten Winter seit 1761. 2001 und 2006 waren nass, 1995 und 2005 trocken. Der Oktober 2014 ist, angesichts der Aussichten, auf dem Wege zu nass zu werden, was also für einen (sehr) milden Winter spricht. Wir haben das ausführlich diskutiert.

Kommen wir zur Entwicklung in den kommenden Tagen und Wochen und nehmen uns den 15-Tage-Trend erst einmal zur Hilfe. (Die Grafiken stellen zweierlei dar: 1. Den möglichen Temperatur-Verlauf in 1500 Meter Höhe sowie die möglichen Regen- und Schneemengen bzw. deren Wahrscheinlichkeit, die man da herauslesen kann. Die obere, dicke weiße Linie zeigt den Durchschnitt aller Modell-Läufe für die Temperatur in 1500 Meter Höhe und ist ein guter Trendsetter. Die dicke rote Linie stellt das langjährige Mittel dar. Die dünnen weißen Linien repräsentieren die jeweils mildesten und kältesten Ausreißer.
Die unteren Linien zeigen die Niederschlagsmengen innerhalb von 6 Stunden in Liter pro Quadratmeter. Die dicke weiße Linie zeigt ebenfalls den Schnitt aller Modelle, die dünnen Linien zeigen die nassesten (niederschlagsträchtigsten) Ausreißer.
Am Beispiel Süddeutschland erkennen wir einen extremen Wärmebuckel für das kommende Wochenende. Die Luftmassentemperaturen liegen 10 Grad oberhalb des langjährigen Mittels und dank der "Durchmischung" dürften die Temperaturen auch voll "durchknallen". Danach, mit Beginn der 3. Oktoberdekade am 21., geht die Temperaturkurve nach unten und pendelt sich in der Nähe des langjährigen Mittels ein, inklusive der Ausreißer nach oben und nach unten. Parallel dazu wird permanent Niederschlag berechnet.
Allein bei diesem Anblick ist klar: Der goldene Herbst ist vorbei. Wir können zwar noch ein paar nette und sonnig-milde Tage bekommen, doch der Grundtenor - und das ist das Wichtige - ist ein anderer. Die Großwetterlage ändert sich (?) (vorübergehend).

(Im Norden Deutschlands sind die Temperaturen teilweise sogar unterdurchschnittlich! Beim Niederschlag gilt hier Ähnliches, wobei durch die Tiefdrucknähe Regenwahrscheinlichkeit und Regensumme insgesamt höher sind.)
Das kräftige Hochdruck-Bollwerk über Nord- und Osteuropa gibt nach. Die atlantischen Tiefs, die bisher hauptsächlich die Nordwesthälfte erreicht hatten, rauschen in der kommenden Woche durch. Damit werden Sonne und Wärme regelrecht weggefegt. Dann ist wirklich Herbst. Nach den schönen Nachsommer-Tagen von Samstag bis Montag mit Höchstwerten oft von mehr als 20 Grad gehen die Temperaturen auf ein der Jahreszeit entsprechendes Niveau von 5 bis 15 Grad zurück; 5 Grad im höheren Flachland bei kühleren Luftmassen, 15 Grad bei wärmeren Luftassen - je nach Seite des Tiefs. Dazu gibt es immer wieder Regen und Wind.
Bei Südwestlagen, die zwischendurch aufkreuzen, sind am Nordrand der Berge kurzzeitig auch höhere Temperaturen drin.
Damit wird die letzte Oktoberdekade deutlich kühler und auch im Südosten deutlich ungemütlicher ausfallen als der meteorologische Herbst bisher. Es beginnt sich langsam die Frage nach Winterreifen zu stellen, zumindest im höheren Flachland jenseits der 500 Meter-Höhe-Marke sowie im Bergland. Betrachtet man die möglichen Luftmassen im 15-Tage-Trend, die kommen können, so wären theoretisch erste Nassschneefälle in den letzten Oktobertagen bis auf unter 800 Meter Höhe möglich. Oberhalb von 1000 Meter Höhe sind sie wahrscheinlich und oberhalb von 1200 Meter Höhe doch recht sicher, aber nicht nachhaltig.

Bis hierher können wir die Großwetterlage recht gut überschauen. Mit dem Start in den November kommen wir in den Bereich der Spekulation und wir brauchen die Langfristkarten. Nimmt man die Einzelläufe der Kurz- und Mittelfristmodelle GFS und ECMWF, so findet abermals ein Aufwölben des Hochs über Skandinavien statt. Die Karten gehen noch nicht weit genug, um das sicher zu sagen, dennoch wird dort eine hohe Wahrscheinlichkeit gesehen. Das GEM ist da vorsichtiger. Das hieße, dass die sich aufbäumende Westlage, also die so genannte Zonalisierung, auf wackeligen Füßen steht und Anfang November bereits wieder gestoppt wird bzw. gestoppt werden könnte.
Was GFS und ECMWF andeuten, findet beim Langfristmodell CFS gerade große und breite Zustimmung: Die Rückkehr des Hochdrucks. Dieses Mal jedoch nicht südlich und östlich von uns, sondern über uns und nördlich von uns. Und damit kommen wir in ein gänzlich anderes Wetter-Roulette, ja fast schon in ein Labyrinth. Hier beginnen frappierende Unterschiede zum vergangenen Jahr: Seinerzeit lag der Hochdruckschwerpunkt südwestlich von uns, dem Atlantik war Tür und Tor geöffnet und Orkan XAVER nahm die Einladung Anfang Dezember 2013 dankend an und ebnete den Weg für einen Supermildwinter. Die Weichen waren gestellt...
Zurück aus der Märchen- und Spekulationsrubrik in den Trend ;-). Mit einer hohen Wahrscheinlichkeit bringt der November wieder recht viel Hochdruck. Das allerdings mit "klassischem Novemberwetter". Nach der Abkühlung und der Benässung des Landes bringen Hochdrucklagen um diese Jahreszeit viel Nebel und Hochnebel, beständigerweis - wie Bugs Bunny sagen würde. Bei Höhenwärme bieten die Berge Sonne und milde Temperaturen, das Flachland taucht im kalten Dauergrau ab.
Zwischendurch sind kleinere Tiefdruck-Attacken dabei, vorwiegend aus Nordwest bis Ost. Mit der entsprechenden Luftmasse könnte es erste Schneefälle durch die "Hintertür" aus Osten geben, bei der die so genannte Isothermie mitspielen würde. Das besprechen wir jedoch an anderer Stelle.
Für die Winterreifen heißt das: Im Bergland müssen sie ab dem 20. Oktober drauf, für das höhere Flachland spätestens ab dem 25. Das Flachland kann sich noch etwas Zeit lassen. Im Osten und Süden würde ich jedoch auch bald, spätestens in den ersten Novembertagen zur Vorsicht umrüsten. Das Tiefland sowie das Flachland im Westen und Norden hat noch gut 3 Wochen Zeit was erste mögliche Schneefälle angeht. Was jedoch überfrierende Nässe, Frost allgemein und Reif betrifft, so läuft die Uhr überall zwischen Allerheiligen und dem Martinitag ab. Große Fröste stehen zwar nicht an, doch nächtliches Aufklaren mit einem Zwischenhoch und einer kühlen Luftmasse wird uns spätestens in der ersten Novemberdekade kalte Nächte mit Frost- und Bodenfrostgefahr bringen.
Was das Winterfertigmachen des Gartens betrifft, so nutzen Sie das schöne Wetter der kommenden Tage.
Kommen wir zu guter Letzt noch einmal auf diese Tage zu sprechen: Der Samstag bietet abseits einiger Nebelfelder vor allem der Südhälfte viel Sonne. Über den Norden ziehen immer noch Wolkenfelder hinweg. Am Sonntag ist es meist überall sonnig. Nur der alleräußerste Norden wird von kompakten Wolken gestreift. Am Montag grätscht wohl eine Kaltfront in die Nordhälfte und beendet den Nachsommer.
Video: So wird das Wetter am Wochenende
Die Temperaturen erreichen am Samstag 15 bis 25 Grad; 15 Grad sind es an der Ostsee sowie bei zähem Dunst und Nebel rund um die Donauniederungen, 25 Grad bei voller Lotto Sonne im Südwesten sowie auf etwas über 500 Meter Höhe. Der Sonntag, der wohl letzte, deutschlandweit gefühlte Sommertag des Jahres 2014, bringt es auf 18 bis 26 Grad. Geschützt in der Sonne werden sich die gut 25 Grad noch einmal wie um und über 30 Grad anfühlen. Nutzen Sie diesen Hammer-Tag aus, unbedingt! Der Montag wird in der gesamten Südosthälfte noch einmal die 20 Grad-Marke teils deutlich überschreiten, sonst wird es mit Wind, Wolken und Regen kühler.
Kühler ist das Stichwort für die Tage danach, die wir besprochen haben. Lassen Sie am Sonntag alles stehen und liegen, gehen Sie raus, legen Sie sich in die Sonne, gehen Sie zum Wandern, grillen Sie, gehen Sie Eis essen und nehmen Sie Abschied vom Sommer 2014, der schöner war als sein Ruf und länger als er sollte...
(Alle Bilder/Grafiken: Kai Zorn)