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Über 40.000 Tote nach Beben in der Türkei und Syrien - Hoffnung schwindet

Mi 15.02.2023 | 08:15 Uhr - Quelle: dpa/wetter.com

Die Chance, noch Überlebende in den Erdbebengebieten in der Türkei und Syrien zu finden, schwindet von Stunde zu Stunde. Die Retter arbeiten unermüdlich - und vermelden noch immer kleine Wunder.

Mehr als vier Tage nach dem katastrophalen Erdbeben im türkisch-syrischen Grenzgebiet schwindet die Hoffnung auf letzte Überlebende und steigt die Zahl der Toten unaufhörlich. Unter den Trümmern der vielen Tausend eingestürzten Gebäude in beiden Ländern sind vermutlich noch Zehntausende Opfer zu befürchten.

Über 35.000 Todesopfer gemeldet 

Die Zahl der Toten in beiden Ländern steigt daher rasant weiter, bis zum Montagmorgen auf über 40.000 Opfer. Nur in der Türkei sind inzwischen 35.418 Tote zu beklagen. Die Zahl der Verletzten lag bei weit über 80.000. In Syrien wurden bislang mehr als 5900 Tote gefunden. "Es gibt hier keine Familie, die nicht betroffen ist", sagte ein Mann, der in Kahramanmaras dabei half, Gräber auszuheben.

Die Rettungskräfte kämpfen gegen die Zeit. Mit jeder Stunde, die seit dem Erdbeben verstreicht, sinken die Chancen, noch Lebende unter den Trümmern zu finden. Mehr als 100.000 Helfer sind in der Türkei nach Regierungsangaben im Einsatz. Sie werden von Suchhunden unterstützt.

Erdbeben erschütterte Region am Montag 

Am frühen Montagmorgen hatte ein Beben, dessen Stärke das Deutsche Geoforschungszentrum (GFZ) mit 7,7 angibt, das türkisch-syrische Grenzgebiet erschüttert. Montagmittag folgte dann ein weiteres Beben der Stärke 7,6 in derselben Region. 

Erdbeben gehören zu den gewaltigsten Naturkatastrophen, die Menschen treffen können. Von einer Sekunde auf die andere zerstören sie Häuser, Städte und ganze Landstriche. Kaum eine andere Naturkatastrophe fordert so viele Tote und Verletzte. Doch wie kommt es zu einem Erdbeben? Die Entstehung von Erdbeben hängt mit der Plattentektonik der Erde zusammen. Die Erdkruste besteht aus festem Gestein, den sogenannten tektonischen Platten. Die Platten schwimmen wie Eisschollen auf dem flüssigen Inneren der Erde. An einigen Stellen sind die Platten dicker, an anderen dünner. Mancherorts wölbt die Erde sich auf zu riesigen Gebirgen wie den Alpen. Andernorts ziehen sich kilometerlange tiefe Gräben wie die San-Andreas-Verwerfung in Kalifornien durch den Boden. Pro Jahr bewegen sich die Erdplatten wenige Zentimeter in verschiedene Richtungen, also auseinander, aufeinander zu oder aneinander vorbei. Wird durch die Reibung der Platten der Druck zu groß, oder verkeilen sich zwei Platten ineinander, kommt es zu einem Bruch. Dort, wo die Platten aufeinandertreffen, entstehen gewaltige Spannungen. Wird der Druck zu groß, entladen sich diese Spannungen mit einem Ruck, so kommt es zu einem Erdbeben. Wenn zwei tektonische Platten aneinander vorbei gleiten, spricht man von einer Verwerfung, die bekanntesten Beispiele sind die kalifornische San Andreas-Verwerfung und die Nordanatolische Verwerfung in der Türkei. Die bei der Verschiebung der Platten entstehenden Erdbeben können Stärken bis zu Magnitude M 8 erreichen, treten zudem meistens in geringen Tiefen von weniger als 20 Kilometern auf und bedrohen so große Städte wie Istanbul oder San Francisco. Nicht alle Erdbeben sind für den Menschen spürbar. Erderschütterungen von einer Stärke unter 2,0 können nur von Instrumenten wahrgenommen werden. Auch in Deutschland ereignen sich jährlich mehrere hundert solcher leichten Erdbeben. Während diese Erdbeben für den Menschen nicht spürbar sind, richten andere verheerende Schäden an. Etwa ab Stärke 5 werden Erdbeben für den Menschen gefährlich. Diese schweren Beben verwüsten ganze Landstriche, fordern Tote und rauben den Überlebenden ihr Zuhause. Eines der jüngsten verheerenden Erdbeben hatte eine Stärke von 9,0 und ereignete sich 2011 in Japan. Es war eines der stärksten Erdbeben der letzten hundert Jahre.

Bundesregierung arbeitet an besserer Versorgung in Nordsyrien 

Die Bundesregierung arbeitet daran, die Versorgung der Menschen im schwer erreichbaren Nordsyrien zu verbessern. Das Problem sei, dass das "Regime" in der Vergangenheit keine humanitären Hilfen ins Land gelassen habe, sagte Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) am Donnerstag im Radiosender WDR 5. "Und wir versuchen in den letzten Tagen bei dieser Katastrophe alles, damit weitere Grenzübergänge geöffnet werden." Einer sei offen, es brauche aber weiteren Zugang.

Auf die Frage, ob die Bundesregierung mit Damaskus in Kontakt stehe, sagte Baerbock: "Wir sind mit allen Akteuren in Verbindung, mit denen wir jetzt erreichen können, dass die Hilfe ankommen kann." Die Regierung arbeite mit diesem "Regime" nicht zusammen, betonte sie, "deswegen müssen wir andere Wege gehen, die wir in der Vergangenheit über die Vereinten Nationen auch gegangen sind und nutzen jetzt jede Möglichkeit, damit die Hilfe vor Ort ankommen kann".

Schäden an Straßen machen Versorgung schwierig 

Am Donnerstag sollten dort voraussichtlich sechs Lastwagen mit Hilfsgütern der Vereinten Nationen eintreffen. Sie sollten den einzigen noch offenen Grenzübergang Bab al-Hawa zur Türkei nutzen, hieß es aus UN-Kreisen. Wegen Schäden an Straßen konnten Lastwagen Bab al-Hawa bisher nicht erreichen. Inzwischen wurden die Straßen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zufolge aber teilweise wieder repariert. 

Allein im Nordwesten Syriens wurden schätzungsweise 11.000 Menschen obdachlos.

Der Grenzübergang Bab al-Hawa war schon vor dem Erdbeben eine Lebensader für rund 4,5 Millionen Menschen in Gebieten im Nordwesten, die nicht von der syrischen Regierung kontrolliert werden. 90 Prozent der Bevölkerung waren dort schon vor der Katastrophe nach UN-Angaben auf humanitäre Hilfe angewiesen. In der Region leben Millionen, die durch den Krieg vertrieben wurden. 

Aktivisten berichteten, dass nach dem Erdbeben keine Hilfsgüter, stattdessen aber Leichen von Syrern aus der Türkei über die Grenze transportiert würden. In der Türkei leben Millionen syrische Flüchtlinge. Die syrische Grenzbehörde veröffentlichte Fotos von Kleinbussen, aus denen Leichensäcke in Fahrzeuge umgeladen werden.

Allein im Nordwesten Syriens wurden durch die Katastrophe schätzungsweise 11.000 Menschen obdachlos.

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Bisher etwas 8000 Menschen in Türkei aus Trümmern gerettet 

Dem Sender TRT World zufolge konnten in der Türkei bislang etwa 8000 Menschen aus den Trümmern gerettet werden. Eine Reporterin des Fernsehkanals berichtete über den verzweifelten Kampf gegen die Zeit:

"Die Retter weigern sich aufzugeben." Aber die Momente der Freude über eine weitere Rettung würden immer seltener.

Kleine Erfolgsmeldungen bei Rettungen 

Trotzdem gibt es noch immer kleine Erfolgsmeldungen: Einsatzkräfte retteten eine Mutter mit ihren zwei Kindern nach 78 Stunden unter Trümmern. Bilder zeigten am Donnerstag, wie Helfer die Frau und die Kinder auf einer Liege und in Tragetüchern zum Krankenwagen trugen.

Sie hatten in der Provinz Kahramanmaras unter den Trümmern ihres Hauses ausgeharrt. Die Helfer fielen sich in die Arme. Einer sagte dem Sender CNN Türk, er sei glücklich über den kleinen Erfolg. 15 Stunden lang hätten sie daran gearbeitet, die Familie zu befreien.

Bundeswehr will am Donnerstag rund 50 Tonnen Hilfsgüter einfliegen

Die Bundeswehr will am Donnerstag rund 50 Tonnen Hilfsgüter in die Region fliegen. Ein erstes Flugzeug startete am Morgen im niedersächsischen Wunstorf. Zuvor waren schon Teams verschiedener Hilfsorganisationen in die Türkei geflogen.

Auch das UN-Welternährungsprogramm (WFP) hat Hilfe auf den Weg gebracht. "Eine Region, die seit Jahren von immer neuen Krisen geplagt wird, steht vor einer weiteren Krise mit unvorstellbaren Verlusten und Zerstörungen", sagte Corinne Fleischer, WFP-Regionaldirektorin für den Nahen Osten, Nordafrika und Osteuropa.

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan wies am Mittwoch Kritik auch aus den Reihen der Opposition zurück, seine Regierung habe das Land nicht für ein erwartbares Erdbeben dieser Größenordnung gewappnet und nach der Katastrophe nicht schnell genug Hilfsmaßnahmen in Gang gesetzt. Es sei nicht möglich, auf ein solches Desaster vorbereitet zu sein, sagte er bei einem Besuch in Kahramanmaras.

Nach Erdbeben in Türkei und Syrien: So kannst du spenden und helfen

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