Ausbleibender Regen: Bauern haben Getreideernte "gedanklich schon abgehakt"
Der fehlende Regen ist bitter für die Bauern. Denn ohne Wasser verkümmert das Getreide auf den Feldern in der wichtigen Wachstumsphase. Über den Wasserverbrauch wird bereits diskutiert.
Nicht nur im Wald, auch auf den Feldern ist es in diesen Wochen staubtrocken, es klaffen teils tiefe Risse im Boden. Landwirte mehrerer Regionen in Baden-Württemberg warnen vor einer "Notreife".
Erste Einbußen werden nach Angaben des Landesbauernverbands (LBV) auf schlechteren Böden bereits erwartet, weil das Korn beim Trockenstress nicht voll ausgebildet wird.
Wie schlecht die Aussichten um das Thema Trockenheit in Europa schon im Februar standen, erfährst du im Video oben.
Feuchtes Frühjahr verbreitete Hoffnung bei Landwirten
Dabei hatte das Jahr gut angefangen: Ein feuchtes Frühjahr hatte den Boden gestärkt, Landwirte erwarteten ein gutes Jahr. "Bis Ende Mai haben wir mit einer guten Ernte gerechnet", sagt Landwirt Werner Kunz aus Ubstadt-Weiher (Kreis Karlsruhe) der dpa.
Das mag für die Wintergerste und den Winterraps auch so sein, weil sie bereits ausgebildet sind, der Winterweizen hingegen ist laut Bauernverband mitten in seiner Ausbildung, der sogenannten Kornfüllungsphase.
In der entscheidenden Phase fehlt Wasser
Doch nun wird die Trockenheit zum Problem. "Jetzt ist Wasser entscheidend, aber es ist keines da", sagt Dominik Modrzejewski, LBV-Fachreferent für Pflanzliche Produktion.
"Nun hat es vor vier Wochen das letzte Mal geregnet", erklärt Kunz und alarmiert: "Seit dem letzten Wochenende ist regelrecht Alarmstufe." Das Getreide habe er "gedanklich bereits abgehakt", auch für den Mais sehe es "ganz übel" aus. "Der steht jetzt normalerweise 120 Zentimeter hoch auf dem Feld, im Moment kommt er aber nur auf 30 Zentimeter."
Trockenheit setzt dieses Jahr besonders früh ein
Das Besondere am laufenden Jahr sei, "dass die Trockenheit früh eingesetzt hat. Das war im vergangenen Jahr bei uns erst Ende Juli, Anfang August der Fall", erklärt Kunz.
Nicht nur die Hitze wird für die Pflanzen zum Problem, auch der trockene Wind macht ihnen zu schaffen. Zieht er über die Getreidefelder, nimmt er auch die letzte Feuchtigkeit mit.
Alle News zum Thema 'Trockenheit in Deutschland' findest du in unserem Dürre-Ticker!
Landwirte müssen sich breiter aufstellen
"Die Tendenz geht ganz stark dahin, dass Extremwetterereignisse wie lange Trockenphasen zunehmen und die Ernten schlechter werden", sagt LBV-Referent Modrzejewski.
Deshalb sei es für Landwirte auch wichtig, sich nicht nur auf den Anbau zu verlassen, sondern breiter aufzustellen. "Photovoltaik auf dem Feld, Urlaub auf dem Bauernhof oder Biogas. Es ist wichtig, dass die Landwirte mehrere Eier im Korb haben, falls mal eines herausfällt", so der Verbandsexperte.
Kostenpflichtige Wasserentnahme als Sparanreiz?
Hält die Trockenheit an, wird auch die Debatte um den Wasserverbrauch an Fahrt aufnehmen. Umweltschützer:innen warnen angesichts längerer Trockenperioden bereits vor einer Zunahme.
"Immer mehr Personen und Gruppierungen, vor allem landwirtschaftliche Betriebe, möchten Oberflächen- oder Grundwasser nutzen", sagt Jochen Goedecke, Referent Landwirtschaft und Naturschutz beim Landesverband des Naturschutzbundes (NABU) in Stuttgart.
Er regt an, darüber nachzudenken, die Wasserentnahme kostenpflichtig zu machen. "Hier kann es Sinn machen, monetäre Steuerungsinstrumente einzuführen." Wer das gesellschaftliche Gut Wasser nutzen wolle, sollte auch dafür zu bezahlen bereit sein.
Rheinland-Pfalz befürwortet Vorschlag
Zuletzt hatte etwa die Ampel-Regierung in Rheinland-Pfalz angekündigt, künftig Geld für die Entnahme von Grund- und Oberflächenwasser in der Land- und Forstwirtschaft zu kassieren. Das geplante Gesetz soll Anfang 2024 in Kraft treten. Für einen Kubikmeter Grundwasser sollen 6 Cent, für einen Kubikmeter Oberflächenwasser 2,4 Cent fällig werden.
In anderen Bundesländern gibt es teilweise bereits entsprechende Regelungen oder sie werden diskutiert, wie eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur ergab.
Wassergebrauch per Allgemeinverfügung eingeschränkt
Landkreise und Kommunen schränken den Gebrauch von Wasser vereinzelt bereits durch sogenannte Allgemeinverfügungen ein. Am Freitag schloss sich der Landkreis Ravensburg an. Dort darf nun einen Monat lang kein Wasser mehr aus Seen und Flüssen entnommen werden.
"Betroffen davon sind auch diejenigen Personen und Firmen, die eine behördliche Erlaubnis haben, Wasser aus einem oberirdischen Gewässer zu entnehmen, um beispielsweise Felder zu bewässern", heißt es in einer Mitteilung.
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