September 2016: Was sagt er über Herbst und Winter?

Golden oder grau, kalt oder lau? Wohin geht die Fahrt beim Wetter in den nächsten Monaten? Bei der Beantwortung könnten sowohl Modelle als auch Bauernregeln helfen.

Veröffentlicht: Mi 28.09.2016 | 00:00 Uhr
September 2016: Was sagt er über Herbst und Winter?

Es köcheln immer wieder Diskussionen auf über den Sinn oder Unsinn von Bauernregeln. In einem Interview sah ich mal, wie der Moderator die so genannte “Wetterexpertin“ fragte, was sie von Bauernregeln hielt. Sie meinte, dass sie nichts davon halten würde. Diese so genannte Wetterexpertin war lediglich Präsentatorin und konnte schlichtweg nicht darauf antworten. Mir blutete das Herz, weil ich mir dachte: “Und wie gut sind Bauernregeln und wie gut...“

Mit Bauernregeln ist es so wie mit Modellen. Es kommt auf die Interpretation an. Wenn wir rückblickend die Siebenschläferregel von Ende Juni und Anfang Juli auswerten, dann war das - wieder einmal - ein Volltreffer!

Manche Bauernregeln sind richtig gut. Nicht nur die Siebenschläferregel hat eine hohe Trefferquote. Auch die Herbst-Regel “September schön in den ersten Tagen will den ganzen Herbst ansagen.“ Ist in vielen Fällen sehr zuverlässig.

Und diese Bauernregel hat uns schon ein bisschen vorgeführt - auch mich ;). Immer und immer wieder berechneten die Wetterkarten Wind, Regen und Kühle - und was kam? Permanenter Hochdruck mit weit überdurchschnittlichen Temperaturen. Dieser Hochdruck deutete sich bereits Ende Juli, August an. Erinnern Sie sich vielleicht an die Kolumne von Ende Juli “Stabiles Sommerhoch in Sicht“ oder “August-Wetter mit Versöhnung“? Seinerzeit war Ende Juli ein erster Trend auszumachen, dass es nach der „Siebenschläferzeit“ beständiger werden würde. 

Der August wurde definitiv beständig und so startete der meteorologische Herbst mit Hochdruck, Sonne und Wärme. Eine neue Wetterlage hatte sich eingependelt und hält bis heute durch. Dieser immer wiederkehrenden Wetterlage haben wir auch den enorm warmen und sonnigen September zu verdanken mitsamt seiner Trockenheit, wobei die Trockenheit schon im August losging...

Bis jetzt hat die Bauernregel “September schön in den ersten Tagen...“ recht behalten. Sämtliche Modell-Berechnungen aus der Mittel- und Langfrist, die Regen und Kühle zeigten, wurden nach und nach korrigiert. Der Hochdruck war einfach zu kräftig.
Selbstverständlich gibt es bei kräftigen Hochdrucklagen auch Unterbrechungen mit Tiefs, doch der Grundtenor blieb gleich.

Auch die Monats- bzw. Jahreszeiten-Prognosen der NOAA mussten dabei Federn lassen oder werden Federn lassen. Wir sind sowieso derzeit in einer höchst kniffligen Situation von Statistiken, Regeln und Großwetterlagen, denn:

Der September 2016 wird sich, neben dem bisherigen Rekordseptember 2006 und seinem Vorgänger 1999 unter die Top 3 aus rund 250 Jahren mischen. Und eine Regel besagt, dass nach einem mehr als 2 Grad zu warmen September zu 100% ein zu milder Winter folgt. Unterlegt wird das von der Bauernregel: “September lind, der Winter ein Kind.“

Der September 2006 und der September 2016 sind sich augenscheinlich in Sachen Statistik ähnlich. Beide waren extrem warm, extrem sonnig und trocken. Der Teufel liegt hier jedoch im Detail - und das finde ich besprechenswert: Der September 2006 hatte einen regnerischen und kalten August als Vorgänger. Das heißt, extreme Wärme musste das Land erst einmal „abtrocknen“, um solche Abweichungen zustande zu bringen. Der August 2016 hatte schon alles abgetrocknet und der September setzt sich diesbezüglich “ins gemachte Nest“.
Und, ein weiteres und wichtiges Detail: Die September-Temperaturabweichung 2006 war mehr oder weniger in allen Höhen gleich ausgeprägt. Die Zugspitze und (willkürlich ausgesucht) Frankfurt hatten jeweils ein Plus von 3,7 Grad. In diesem Jahr hat die Zugspitze jedoch nur 1,8 und Frankfurt 4,2 Grad (Stand bis zum 27.).
Das zeigt meines Erachtens, dass in diesem Jahr andere Voraussetzungen waren als 2006 und man trotz fast identischer Statistik zwei völlig verschieden Ausgangssituationen haben kann.

Nach dem Super-September 2006 ging es bis einschließlich Mai mehr oder weniger so trocken-sonnig-warm weiter. Die Abweichungen im Detail:

  • Oktober 2006: +3,2 Grad
  • November: +3,0 Grad
  • Dezember: +3,6 Grad
  • Januar: 2007 +5,1 Grad (!!!)
  • Februar +3,6 Grad
  • März: +2,7 Grad und 
  • April 2007: +4,0 Grad. 

Aber was folgt auf 2016? Die NOAA-Prognose zeigte vor kurzem einen zu kalten und nassen Oktober, also tiefdruckgeprägt. Bei der Kombi September sonnig und warm und Oktober rau und nass folgt ebenfalls mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ein zu milder Winter: “Oktober rau, Winter flau.“

Die Sache mit dem Tiefdruck können wir wahrscheinlich jedoch ad acta legen. Auch wenn derzeit mal Tiefs anklopfen und die gewohnte Hochdruck-Ruhe stören, so bleibt alles auf Hochkurs. Das Tief derzeit ist übrigens ein Ex-Hurrikan. Er hat die Energie, um den hohen Luftdruck mal kurz abzuschwächen, ebenso wie der letzte Ex-Hurrikan, der Mitte September dem Südosten den Regen brachte. 

Wir werden nach der kurzen Tiefdruck-Phase Anfang Oktober also unter die nächste Hochdruck-Maschinerie kommen - aber: Die Kombination “Lage des Hochs“ und “Jahreszeit“ machen das Ganze wohl eher “unlustig“. Derzeit bastelt die Modellküche an einem kräftigen Skandinavien- und Baltikum-Hoch. Bis vor ein paar Wochen war solch eine Lage noch ein Garant für Sonne und Wärme bzw. Hitze. Nun sieht es allerdings völlig anders aus...

Nachdem die kommenden Tiefs ein bisschen Regen bringen samt einer deutlichen Abkühlung bringen werden, baut sich dieses Hoch auf. Die Temperaturen in 1500 Meter Höhe liegen im Bereich des Durchschnitts bzw. knapp darunter. Die Tageswerte werden in etwa knapp 10 Grad niedriger liegen als derzeit und die Nächte werden mit klarem Himmel und wenig Wind sehr frisch mit der Gefahr von Bodenfrost und Reif. (“Oktoberhimmel voller Sterne haben warme Öfen gerne.“)

Je nach Lage des Hochs stünde uns damit augenscheinlich wieder eine sonnige und tagsüber milde Witterungsphase bevor. Es ist aber größte Skepsis angesagt, denn: Bei wenig Wind werden wir es mit deutlich mehr Nebel als bisher zu tun bekommen, der sich gut und gerne schon länger, teils bis in den Nachmittag halten kann - die Menschen im Donauraum können ein Lied davon singen ;) - oder aber mit kräftigem Ostwind sorgt eine bodennah feuchte Grundschicht für Hochnebel und gefühlten November.

Sowohl das europäische ECMWF-Modell als auch das amerikanische GFS-Modell zeigen eine sehr ausgeprägte Hochdrucklage im weiteren Verlauf der kommenden Woche. Richtung Monatsmitte zeigen die gemittelten Wetterkarten ebenfalls eine deutliche Hochdruckdominanz über Europa. Damit ist eine nennenswerte Großwetterlagen-Änderung nicht in Sicht, ebenso wenig wie ein nachhaltiges Ende der Trockenheit. Auffällig ist auch, dass der Atlantik relativ ruhig ist, sprich: Wir haben dort wenig Tiefs oder nur schwache Tiefs.

Apropos ECMWF, um das mal kurz anzudeuten: Die Langfrist von EMCWF zeigt für November und den Winter keine nennenswerten Abweichungen in Sachen Temperatur. Ein durchschnittlicher Winter wäre für uns gefühlt ein kalter Winter. Damit steht dieses Modell konträr zur NOAA-Berechnung. Dieses Modell zeigt uns einen Super-Mildwinter. Und das Langfristmodell CFS wackelt zwischen mildem Atlantik-Wind und eisigem Ostwind, also zwischen Island-Tief und Skandinaiven-Hoch.
Das wäre jedoch ein eigenes Thema für sich, das wir uns Anfang Oktober mal zu Gemüte führen.

Wir können als Fazit festhalten: Nach einem extrem warmen, sonnigen und meist trockenen September und einem kurzen Einbruch zum Start des verlängerten Wochenendes stehen die Zeichen erneut auf Hochdruck. Durch die fortgeschrittene Jahreszeit, die längeren Nächte samt mehr Auskühlung und dem jahreszeitgemäßen Trend zur Inversion, sollten wir uns langsam von Dauersonnenschein und Dauerwärme verabschieden, zumindest in den dafür anfälligen Regionen. In den Bergen und in den vom Wind durchmischten Gebieten werden Sonne und Wärme mittelfristig jedoch in die Verlängerung gehen...

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