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Klima

Forscher: Tauende Permafrost-Böden gefährden Infrastruktur

Di 11.01.2022 | 17:04 Uhr - Quelle: dpa
Alpen in Gefahr! Permafrostböden tauen auf

Die Erderhitzung taut Eis im Permafrostboden auf. Dadurch entweichen Treibhausgase und erwärmen die Erde weiter. Forscher erwarten zudem hohe Schäden, weil Häuser und Straßen geschädigt werden.

Der Klimawandel lässt den dauerhaft gefrorenen Boden in nördlichen Regionen und einigen Gebirgen immer schneller auftauen. 30 bis 50 Prozent der Gebäude und Infrastruktur-Einrichtungen in diesen Gebieten sind deshalb bis 2050 von Schäden verschiedener Schweregrade bedroht.

Zu diesem Ergebnis kommt der Übersichtsartikel einer internationalen Forschergruppe um Jan Hjort von der University of Oulu (Finnland) im Fachjournal "Nature Reviews Earth & Environment". Ein Teil der Schäden könnte in russischen Gebieten auftreten, in denen das in Deutschland und anderen europäischen Staaten genutzte Erdgas gefördert wird.

Welche Auswirkungen das Auftauen von Permafrostböden in den Alpen haben könnte bzw. wird, kannst du im Video oben erfahren.

Klimawandel lässt Permafrost-Böden immer tiefer auftauen

In vielen weit nördlich gelegenen Gebieten liegt das Wasser im Boden als Eis vor. Im Sommer tauen teilweise die oberen ein bis zwei Meter auf und gefrieren im Winter wieder.

Die Erderwärmung führt dazu, dass weite Teile des Permafrost-Bodens immer tiefer auftauen. Weil das Eis dem Boden zusätzlichen Halt gibt, werden die tauenden Böden - je nach Bodenart und enthaltener Eismenge - zunehmend instabiler, es treten Absenkungen und Erdrutsche auf.

Eine Studie aus dem Juni 2019 hatte übrigens ergeben, dass Permafrost-Böden 70 Jahre früher auftauen als mal erwartet wurde. 

Russland extrem vom Tauen des Bodeneises betroffen

In etwa 65 Prozent des russischen Staatsgebiets gibt es derzeit Permafrost-Böden; Russland ist deshalb besonders vom Tauen des Bodeneises betroffen. "Zu Beginn des 21. Jahrhunderts weisen viele Gebäude auf Permafrost Deformationen auf, von etwa zehn Prozent der Bauten in Jakutsk und Norilsk bis hin zu 80 Prozent der Bauten in Workuta", schreiben die Wissenschaftler.

Betroffen von Schäden sind auch viele Straßen, Eisenbahnstrecken, Landepisten und Pipelines. Dies gilt auch für Kanada, Alaska und Grönland sowie die Hochebene von Tibet.

Milliardensumme für die Reparatur der Schäden notwendig

Allein für die Reparatur der Schäden, die in Russland durch tauenden Permafrost-Boden am bestehenden Straßennetz entstehen, müssten von 2020 bis 2050 etwa sieben Milliarden US-Dollar aufgebracht werden, schreiben die Forscher. Hinzu kämen jährlich 200 bis 500 Millionen US-Dollar für die Erreichung der Ziele der russischen Verkehrsstrategie.

Für den Ersatz von Wohnhäusern würden weitere 500 bis 600 Millionen US-Dollar pro Jahr benötigt.  

So können Straßenschäden verringert oder vermieden werden

Das Team um Hjort berichtet jedoch auch von verschiedenen technischen Maßnahmen, mit denen Schäden an Straßen verringert oder sogar vermieden werden können. Einige Verfahren zielen darauf ab, Wärme aus dem Untergrund abzuführen, etwa mit lockeren Gesteinsschüttungen, in denen ein natürlicher Luftkreislauf entsteht, der wärmere Luft nach oben fördert. Auch Thermosiphons, Wärmedrainagen und sehr flache Seitenstreifen haben einen ähnlichen Effekt.

Andere Maßnahmen verringern die Wärmeaufnahme im Sommer, etwa ein höherer Fahrbahnuntergrund oder dessen Isolierung, ein Sonnenschutz für die Seitenbereiche oder eine stark reflektierende Asphaltdecke. All dies kostet aber mehr als die bisher üblichen Bauverfahren.  

Tauende Permafrost-Böden bringen weitere Gefahren mit sich

Der tauende Permafrost-Boden ist aus verschiedenen Gründen im Fokus von Wissenschaftlern. So speichert der gefrorene Boden viel Kohlenstoff, das teilweise in Form der Treibhausgase Kohlendioxid (CO2) und Methan (CH4) in die Atmosphäre gelangt.

Die UNO warnt in einem aktuellen Bericht seiner Umweltbehörde vor den fünf meist unterschätzten Umweltgefahren, die uns in Zukunft betreffen werden. Einer davon sind Permafrostböden, die beim Schmelzen umweltschädliches Gas in die Umwelt entlassen.

Auch zahlreiche Schadstoffe könnten in den kommenden Jahrzehnten freigesetzt werden, wie kürzlich einer Studie im Fachmagazin "Nature Climate Change" zu entnehmen war. Denn giftige oder radioaktive Abfälle haben in manchen Regionen den Boden verseucht, was wegen des Dauerfrostes bisher unproblematisch war.

Auch uralte Bakterien, die teilweise resistent gegen Antibiotika sind, können durch das Tauen wieder zum Leben erweckt werden, wie vereinzelt schon Vorfälle gezeigt haben.

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