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Klima

Russland lernt Umweltschutz

Fr 12.02.2016 | 00:00 Uhr - Quelle: dpa

Viele Russen lieben und verehren die Natur. Aber ihr Alltagsverhalten trägt zu schlimmen Schäden bei. Langsam jedoch setzt ein Umdenken ein.

Wilde Elche streifen durch den ursprünglichen Mischwald von "Lossiny Ostrow" im Norden Moskaus. Deshalb heißt der Nationalpark übersetzt auch "Elchinsel". Er ist vom Roten Platz in der russischen Hauptstadt gerade einmal zehn Kilometer entfernt. An den Wochenenden kommen die Moskowiter in Scharen zum Skilaufen, Radfahren oder Wandern hierher. Doch immer wieder fahren Autos an den Spaziergängern vorbei - und ist der Schnee erst geschmolzen, kommen weggeworfene Plastiktüten und Wasserflaschen zum Vorschein.

Jetzt stehen da aber auch verschiedenfarbige Container - für Papier, Metall, Plastik und Glas. Ein Zeichen für langsames Umdenken. Der Stolz der Russen auf ihre Naturlandschaften und ihre mehr als 40 Nationalparks ist groß. Doch ihr Alltagsleben trägt zur Zerstörung der Umwelt bei. In den meisten Wohnungen lässt sich die Temperatur der Heizung nicht regulieren. Sie ist entweder ein- oder ausgeschaltet - wer es kühler mag, öffnet das Fenster. Im Supermarkt wird an Plastiktüten und Verpackung nicht gespart, Geschirr zu Hause oft unter aufgedrehtem Wasserhahn abgewaschen.

Umweltschäden als Bedrohung erkannt
Russlands Regierung hat inzwischen Umweltschäden als Bedrohung erkannt. Ein Bericht des Umweltministeriums von 2015 legt die wichtigsten Ziele fest: Abfallentsorgung weiter regulieren, Luftqualität verbessern, Industrieanlagen modernisieren. 

Erste Schritte sind getan. Präsident Wladimir Putin hat das Jahr 2017 zum "Jahr der Ökologie" erklärt, das mit Veranstaltungen die Bevölkerung über Umweltfragen aufklären soll. Seit Anfang Januar diskutiert das Parlament darüber, Ökologie zum Schulfach zu machen.

Vielen Russen fehlt Einsicht zum Umweltschutz
Denn noch fehlt wohl den meisten Russen die Einsicht, dass Klima, Umwelt und menschliches Verhalten zusammenspielen. Im rohstoffreichen Land sehen Bürger natürliche Ressourcen wie Energieträger und Wasser als nahezu unbegrenzt vorhanden an. Zur Zeit der Sowjetunion hatte die Planwirtschaft durch Subventionen niedrige Preise für Wasser, Strom und Gas gewährleistet. Zugleich begannen die Umweltprobleme: Jahrzehntelang blieb industrielle Produktivität das wichtigste Ziel - Natur- und Klimaschutz mussten zurückstehen.

Noch heute ist Russlands wirtschaftlicher Erfolg weitgehend an die Rohstoffindustrie gekoppelt. Energieträger machen mehr als 60 Prozent der Exporte aus, rund die Hälfte der Staatseinnahmen stammt aus der Energiewirtschaft. 

Moskau für ein Fünftel des russischen Mülls verantwortlich
Die Kehrseite des Wohlstands zeigt sich in den Großstädten: Mit dem Konsum ist dort auch die Abfallmenge gestiegen. Allein die Zwölf-Millionen-Hauptstadt Moskau ist für ein Fünftel des gesamten Mülls in Russland verantwortlich. Aus Verbrennungsanlagen und Autos quillt Feinstaub, der Medizinern zufolge jährlich mehr Todesopfer fordert als der Straßenverkehr der Metropole.

Wälder Sibiriens können Luftverschmutzung kaum auffangen
Sogar Russlands riesige Wälder in Sibirien können die Luftverschmutzung der Großstädte kaum auffangen. Derzeit stößt das größte Land der Erde rund fünf Prozent der weltweiten Treibhausgase aus. 

Auch die Klimaerwärmung schreitet schneller voran als andernorts, besagt ein Bericht des zentralen Planungsamtes. Im vergangenen Jahrhundert sei die Durchschnittstemperatur in Russland um 1,3 Grad gestiegen, während es im Weltmittel 0,8 Grad waren.

Putin betreibt Fassadenmalerei
Auf der Weltklimakonferenz in Paris von 2015 nannte Putin den Klimawandel "eine der ernstesten Herausforderungen, mit denen die Menschheit ringt". Doch sein Beitrag ist nicht mehr als geschickte
Fassadenmalerei: Im Schlussabkommen verpflichtet sich Russland, seine Treibhausgase auf drei Viertel des Wertes von 1991 zu reduzieren - dem letzten Jahr der Sowjetunion. Derzeit liegt Russlands Ausstoß jedoch ohnehin nur knapp über dieser Grenze.

Im Kleinen zeigt das staatlich verordnete Umdenken aber Wirkung. So müssen seit einigen Jahren Wasserzähler in Wohnungen eingebaut sein - wer keinen hat, zahlt eine hohe Pauschale. Auch Umweltverschmutzer sollen mit dem Geldbeutel erzogen werden: Die Staatsduma diskutiert darüber, ein Bußgeld für chemische Enteisungsmittel einzuführen.

Kommen biologisch abbaubare Kunststofftüten?
Außerdem tun sich in der Abfallentsorgung umweltgerechte Alternativen auf. Damit die Müllberge nicht weiter wachsen, hat das Umweltkomitee des Moskauer Stadtrats unlängst die Einführung biologisch abbaubarer Kunststofftüten angeregt. 

Und wie im Nationalpark "Lossiny Ostrow" üben auch einige Kommunen Mülltrennung mit den bunten Containern. Die auf der "Elchinsel" aber sind noch leer.

dpa

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