Im Westen freundlich, gebietsweise mäßig warm
Wie jedes andere Genre verfügt auch die Meteorologie, insbesondere die Sparte, die sich mit der Wettervorhersage beschäftigt, über einen speziellen Sprachduktus. Dazu gehören nicht nur Fachbegriffe wie z.B. Kaltfront, Hochdruckbrücke, Trog usw., hinter denen ein relativ klarer wissenschaftlicher Inhalt steckt. Manche Nutzer von Wetterberichten - in der Regel Hobbymeteorologen - können mit den meisten dieser Begriffe etwas anfangen und wissen sofort, was gemeint ist. Andere tun sich etwas schwerer damit, was aber in der Natur der Sache liegt. Für diese Fälle versucht der Meteorologe dann, nutzerfreundliche Umschreibungen ins Spiel zu bringen. So wird z.B. eine Warm- oder Kaltfront oder die Mischung daraus (so genannte Okklusion) gerne als Tiefausläufer beschrieben, was in der Öffentlichkeit offensichtlich ganz gut verstanden wird.
Zu den klar definierten Aussagen in einem Wetterbericht gehören im Winter die Begriffe wie "leichter, mäßiger, strenger Frost". So tritt leichter Frost bei nächtlichen Minima zwischen 0 und -4 Grad, mäßiger Frost bei -4 bis -10 Grad und strenger Frost von -10 bis -15 Grad auf. Ab -15 Grad abwärts spricht man dann von sehr strengem Frost. Eindeutig bestimmt sind auch Begriffe wie Sommertag (ab 25 Grad aufwärts), heißer Tag (ab 30 Grad aufwärts), Tropennacht (nächtliches Minimum über 20 Grad) oder im Winter Eistag (nicht über 0 Grad).
Etwas schwieriger wird es dann schon mit Bezeichnungen wie "mäßig warm, mild, kühl usw.". Hierzu existiert beim Deutschen Wetterdienst eine Tabelle, die vor vielen Jahren erstellt wurde. Sie orientiert sich an langjährigen Beobachtungen sowie daraus resultierenden Mittelwerten und beschreibt, welche Attribute in den verschiedenen Jahreszeiten oder Monaten bei bestimmten Temperaturen benutzt werden sollen.
überhaupt nicht auftreten, dort reicht die Spanne unter- bzw. oberhalb der Normalwerte von sehr kalt bis mäßig kalt sowie von mild bis ungewöhnlich mild. Ganz schön kompliziert das Ganze, zumal für exponierte Regionen wie Küste, Inseln, Täler, Gebirge auch noch Zu- oder Abschläge zu den Werten dazukommen. Letztlich stellt die Tabelle eine Stütze für den Meteorologen dar, wenn es darum geht, eine Luftmasse zu quantifizieren. Der Nutzer freilich kann sich die ganzen Zahlen nicht merken. Muss er auch nicht, schließlich beinhalten Wetterberichte in der Regel die erwarteten Tageshöchstwerte. Dass bei der ganzen Angelegenheit auch ein Schuss Subjektivität dabei ist, versteht sich von selbst. Es gibt durchaus Zeitgenossen, die 26 oder 27 Grad im Sommer schon als heiß empfinden und im Winter bei Temperaturen um den Gefrierpunkt von kalt sprechen.
Gerne wird auch immer mal wieder angefragt, wie weit das "Nordseeumfeld" oder die "Alpennähe" reichen. Nun, auch dort gilt das Unschärfeprinzip. Beim Beispiel "Nordseeumfeld" Aurich und Wittmund ja, Bremen und Delmenhorst eher nein. Zu den unscharfen Adjektiven in den Wetterberichten gehört z.B. die Kaskade "vereinzelt, gebietsweise, verbreitet". Damit soll lediglich zum Ausdruck gebracht werden, welche räumliche Ausdehnung ein bestimmtes meteorologisches Ereignis (z.B. Regen) einnimmt, nicht aber, wo genau es auftritt. Vereinzelt Regen meint, dass der Regen punktuell auftritt, während gebietsweise etwa eine Region wie das Emsland oder Ostfriesland beschreibt. Verbreitet wiederum heißt, dass vielleicht 80 oder 90% der Fläche eines Landes betroffen sind.
Abschließend noch ein paar Gedanken zum Thema "Subjektivität". Immer mal wieder hört oder liest man im Wetterbericht etwas von "freundlich" oder "zunehmend freundlicher". Auch der Ausdruck "...bei angenehmen 20 bis 25 Grad" oder so ähnlich kommt immer mal wieder vor. Sowohl freundlich als auch angenehm sind subjektive Begriffe, die eigentlich - so hat man es zumindest gelernt - ein Meteorologe nicht in seinen Berichten verwenden sollte. Der Wetterbericht soll Fakten rüberbringen, und ob das Wetter als freundlich oder die Temperaturen als angenehm empfunden werden, obliegt dem Nutzer und Konsumenten von Wetterberichten selbst - soweit okay. Aber, erstens ist der Meteorologe auch nur ein Mensch, der das Wetter nicht nur verwaltet, sondern auch empfindet und diese Empfindung ein bisschen zum Ausdruck bringen möchte. Und zweitens bietet es sich manchmal förmlich an, die genannten Ausdrücke zu verwenden. Oder wie würden Sie es sehen, wenn nach tagelangem Dauerregen im Juli endlich mal wieder die Sonne zum Vorschein kommt oder nach einer mehrwöchigen Hitzeperiode mit über 30 Grad "nur" noch Werte um 23 Grad auftreten?