Hat Petrus dem Winter gekündigt oder ist er beurlaubt?

Bereits jetzt kann man sagen, dass der Januar 2017 außergewöhnliche Kälte gebracht hat, besonders in Süddeutschland! Der weitere Verlauf des Winters läuft auf eine zähe Patt-Situation hinaus.

Veröffentlicht: Do 26.01.2017 | 00:00 Uhr
Hat Petrus dem Winter gekündigt oder ist er beurlaubt?

Momentan ist im normal-privaten Umfeld das Wetter wieder einmal Thema Nr. 1. Vor wenigen Tagen sagte mir ein, wie man in Bayern sagt, „Spezl“: „Ich schaute morgens aufs Thermometer und rieb mir die Augen. Es waren minus 9 Grad. Ich dachte mir, das Ding ist kaputt. Als ich raus ging, war es wirklich so warm.“ Er wohnt in den Alpen und war abseits der ganz fiesen Kaltluftschicht und hatte eben „nur“ minus 9 Grad. Beim Sport  zeigte mir einer ein Handy-Foto, das er schon am 7. Januar schoss, mit minus 32 Grad, die sein Autothermometer angezeigt hatte. An diesem Morgen hatte ich im Garten auf ca. ein Meter Höhe minus 30 Grad.

Massive Januar-Kälte

Weite Teile Süddeutschlands erlebten eine der größten und massivsten Januar-Kältewellen der vergangenen Jahrzehnte. Wenn auf dem „Gnadensee“, der ein Teil des Untersees ist (westlicher Teil des Bodensees) Eissegler über das Eis surren oder ein paar Wahnsinnige über die Donau in Niederbayern laufen oder die Eisbrecher auf manch süddeutschem Fluss oder Kanal die Flagge des Aufgebens hissen, dann hat das nichts mit den typischen Wintern der vergangenen Jahre zu tun.

Wie wir an anderer Stelle schon besprachen, werden Winter nicht nur nach der Durchschnittstemperatur bemessen, sondern auch an Kältesummen. Bei Kältesummen handelt es sich um die aufsummierten negativen Tagesmittel. Und in vielen der kalten Regionen Süddeutschlands hat allein der Januar schon über 100 Kälte-Grade gebracht. Straubing in Niederbayern hat bis jetzt schon über 130 im Januar und fast 200 Kältegrade gesamt für diesen Winter. Es dürfte ohne Zweifel die 200 Grad-Marke überschritten werden, so dass hier die offiziellen Kriterien eines mäßig strengen Winter erfüllt sein dürften.

Wir erinnern uns: Nach dem NOAA-Modell sollte dieser Winter der 4. Super-Mildwinter in Folge werden. In Süddeutschland kann man darüber lachen, in Norddeutschland kann man das (fast) bestätigen, denn: Schleswig hat beispielsweise gerade mal rund 30 Kälte-Grade! Für hier hat der Super-Mildwinter bisher gestimmt. In den Abweichungszahlen vom langjährigen Mittel des alten Zeitraums von 1961 bis 1990 hatte Schleswig im Dezember +3,0 Grad, Straubing +0,4. Für den Januar (bis zum 24.) waren es in Schleswig +0,8 und in Straubing -3,0 Grad. (Den Vogel schießt übrigens Lahr im Oberrheingraben ab. Hier hatte der Dezember ein Minus von 1,4 Grad und der Januar bisher von 3,6 Grad. Die Kältesumme des Winters erreicht hier bald 100 Grad. Dass hier die Kältegrade deutlich niedriger sind, gleichzeitig aber die Abweichungen ins Negative stärker als in Straubing, liegt an der Ausgangssituation. Der Oberrhein ist im Vergleich wesentlich milder als die inversiv-kalte Ecke im Gäuboden.

Sollte der Winter 2016/17 mit dem letzten Januar-Wochenende seinen Hut nehmen und einem langsam kommenden bzw. einsiechenden Frühjahr Platz machen, dann wäre es trotz alledem ein toller Winter für manche Gebiete gewesen - für den Alpenraum sowieso. Hier war es, seit der Schnee kam, ein gänsehautschöner Bilderbuch-Winter. Besser geht es nicht!

Und nun - ist der Winter zu Ende?

NOAA sagt ja. NOAA sagte auch, dass es keinen Winter geben wird. NOAA geht von einem trocken-milden Februar aus. Die Langfrist-Rechnerei des ECWMF-Modells ist von der Wiederkehr der Kälte mit dem Ende der ersten Februar-Dekade abgerückt und sieht durchschnittliche bis leicht überdurchschnittliche Werte bei den aktuellen Berechnungen. Das CFS-Modell bestätigt in seiner Monats-Berechnung die anderen beiden Modelle. NOAA und CFS sehen bei den Niederschlagsvorhersagen Einigkeit: Trockenheit bis zum Abwinken. Das CFS zeigt bei der Druckabweichung einen wuchtigen und munteren Atlantik, der mit seinen Tiefs gegen das Bollwerk Kontinental-Hoch anbrettert, jedoch nicht weiter kommt. Ein Patt.

Die-Patt-Situation-in-einer-Woche

Diesen Patt haben wir eigentlich schon länger - und zwar mehr oder weniger schon die ganze Winterzeit über. Darum kümmern wir uns gleich.

Beim CFS kann man "hinter die Kulissen“ schauen. Dieses Modell berechnet in einer Variante bis 1074 Stunden im Voraus, also gut 6 Wochen und in einer anderen Variante bis zu rund 7000 Stunden, also mehr als 9 Monate. (Letzteres ist eine nette Spielerei mit interessanten Aspekten.)

Kommen wir zurück zu den Modellen und zur aktuellen Lage. Dass wir ein Ende der Kälte bekommen, Tauwetter, oder anders ausgedrückt, eine deutliche Milderung, hat sich überall herum gesprochen. Mit etwas Glück wird auch die hohe Feinstaubbelastung beendet, wenn Wind und teilweise Regen die Luft säubern/reinwaschen. Je weiter wir Richtung NRW, Niedersachsen und Schleswig-Holstein kommen, desto höher wird die Wahrscheinlichkeit für Regen, je weiter es Richtung Alpen und Bayerischer Wald geht, desto niedriger.

Trockenheit bleibt vorläufig bestehen

Bei den aktuellen Berechnungen werden für die Gebiete westlich einer Linie Mittelrhein - Stettiner Haff sogar 20 bis 40 Liter Regen innerhalb von 10 Tagen berechnet. Sonst sind es nur wenige Liter, im Südosten vielleicht mal ein feuchter Wolken-Furz - mehr aber auch nicht!

Damit wird sich die große Trockenheit an den Flüssen fortsetzen, denn erstens bleibt der große Regen aus und zweitens auch das ganz große Tauwetter in den Alpen. Ohne Wind UND Regen über Tage bis in die Hochlagen, ist das mit dem Abtauen eine zähe Angelegenheit. Der Nachschub für die Flüsse wird bescheiden bleiben und die Aussichten sind es sowieso - egal, ob es sich um die kommenden 10 Tage handelt, oder um den ganzen Monat.

Der atlantische Schub mit Tiefs, Wind, milder Luft und teils auch Regen ist eher so ein anstranden an das Hochbollwerk. Dieser Schub bzw. diese wellenförmigen Schübe reichen aus um die Kälte auszuräumen, sind aber zu schwach um Wind und Regen auf Dauer bei uns zu etablieren. Im schlimmsten Fall wird das in den kommenden Wochen ein nicht Fisch, nicht Fleisch-Gesieche mit höher werdendem Sonnenstand...

Weder Winter- noch Frühlingsfreunde werden auf Dauer begeistert sein

Für die kommenden 10 Tage sieht es mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht nach einer Rückkehr von irgendwas Winterlichem aus. Die 15 Tage-Trends sind landauf, landab viel zu mild für diese Jahreszeit. Erst nach dem 5. Februar ist mit etwas Phantasie ein leichtes Absinken der Temperatur-Kurven erkennbar. Es gibt (derzeit) keine großen Ausreißer nach oben und keine nach unten. Da deutet sich eine eingefahrene und fast schier aussichtslose Wetterlage an, die weder Winterfreunde, noch Frühlingsfreunde auf Dauer begeistern könnte.

Die-Patt-Situation-in-zwei-Wochen

Sieht man sich jedoch hinter den 15 Tage-Trends die Einzelläufe an, so sieht das Ganze schon wieder etwas anders aus. Der anwuchtende Tiefdruck-Apparat vom Atlantik weicht langsam westwärts zurück und das Hochdruck-Gedöns vom Kontinent glibbert wieder etwas westwärts. Daraus ergeben sich wieder alle Möglich- und alle Unmöglichkeiten; Beispiel: Kommt eine Luftmasse mit null Grad in 1500 Meter Höhe mit leichter Westströmung ohne Schneedecke daher, so ist das vorfrühlingshaft mild tagsüber und nachts herrscht allenfalls leichter Frost. Kommt die gleiche Temperatur mit Ostwind daher und hat es möglicherweise vorher geschneit, hieße das ein Wiederaufbäumen der Kälte; kurzum: Die Temperaturen in 1500 Meter Höhe sind im Winterhalbjahr teilweise unbrauchbar.

Die Hälfte der Modell-Läufe, so genannte Member, zeigen also wieder unspektakulär ruhiges Dahineiern am Ende des Vorhersagezeitraumes - im Falle des GFS mit Freitag, dem 10. Februar. Das weiterführende CFS sieht im Anschluss ebenfalls vom Hochdruck dominierte Wochen - mal mit eisiger Kälte aus Osten, mal mit halbherzigen Versuchen atlantischer Tiefs von Westen her:

Druckabweichungen-im-Februar-Kai-260117

Zusammenfassend können wir bis hier her festhalten: Die Kälte(welle) geht zu Ende, so oder so. Der Winter hingegen, ungeachtet dessen, wie er sich anfühlt und angefühlt hat, wird mittel- bis langfristig genau so weitermachen wie er es seit November/Dezember tut: In der Summe recht ruhig, mit Inversionslagen auch kalt und unterbrochen von kurzen Tief-Einschüben, die mal etwas "Niederschlag“ bringen - also Regen oder Schnee. Die actionreichste Phase des Winters war von Weihnachten bis Mitte Januar.

In diesem Winter ist es aber einige Male anders gekommen...

Kommen wir zum Schluss zu den Abers und damit zu den Aspekten, bei denen wir uns gänzlich von der aktuellen Wetterlage befreien müssen. Erinnern wir uns an den Weihnachtstrend. Der sah so „sicher“ aus. Es schien alles möglich, nur keine Westdrift. Es kam ein ordentlicher Sturm. Für andere war der Winter abgehakt, die sich rein auf die Computerberechnungen ohne Interpretation beriefen. Und es kam anders. Und das mit dem „anders Kommen“ wird meines Erachtens auch so weitergehen, denn:

1. Ein „Ende des Winters“ und ein lust- und lautloses Dahinsiechen bis ca. Mitte März entspräche nicht dem „Muster“ des Winters 2016/17. Und bis auf ganz wenige Ausnahmen halten Dauerfrostperioden nicht wochen- oder gar monatelang an.

2. In den höchsten Höhen der Wetterkarten deutet sich ein so genanntes Minor Warming an. Vereinfach gesagt wird der Polarwirbel hoch droben in über 30 km Höhe platt gemacht. Es dauert einige Zeit, bis sich das Ganze stockwerkartig nach unten drückt, um die Wetterlage bei uns unten im Erdgeschoss zu verändern bzw. umzustellen und umzukehren. Das taucht aktuell in den Modellen noch nicht auf. (Bei so einem Minor Warming kann das passieren, muss aber nicht. Die Wahrscheinlichkeit ist jedoch (deutlich) erhöht.)

3. Die Statistik. In drei Viertel aller Fälle, auf den Süden Deutschlands bezogen, folgt auf einen kalten Januar auch ein zu kalter Februar.

Beim 4. Punkt verlassen wir die Modell- und Statistik-Welt und nehmen eine Analyse von Ivo Brück, die ich ganz interessant finde und hier einfach nur mitteilen möchte. Ivo sagt, dass, wenn es um den 10. Juli einen kurzen Peak nach oben gegeben hat, kommt mit einer 90%igen

Wahrscheinlichkeit im Folgewinter eine Kaltphase zwischen dem 10. und 14. Februar. (Kurioserweise hat das aktuelle CFS genau das drin.)

Lange Rede, kurzer Sinn

Der Winter 2016/17 hat auf seine Art und Weise noch nicht fertig. Es ist wahrscheinlich, dass er im Norden genauso sang- und klanglos weiter dahinschludert wie bisher und es ist genauso wahrscheinlich, dass er in den Gebieten, die schon gefühlt sehr viel Winter hatten, noch Nachschläge bringen wird. Diese Nachschläge werden im Februar sicherlich nicht mit dem großen Schnee kommen, sondern, wie bisher, eher mit Frostperioden. Diese fallen jedoch im Februar bei weitem nicht mehr so übel aus wie noch im Januar - außer es gäbe eine Wetterlage wie 2012, 1986 oder 1956. Aber danach schaut es nicht aus.

Machen wir uns auf zähe Zeiten gefasst. Die Schneefreunde und die Frühlingsfreunde brauchen gleichermaßen Schokolade, um Endorphine zu bekommen. Die Großwetterlage wird es nicht tun. Das Positivste an der wahrscheinlichen Fortführung der Wetterlage wird der gute Laune- und Vitamin D produzierende Sonnenschein sein. Ansonsten wird es zäh - und das wahrscheinlich nicht nur im Februar...

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